Der DFB-Trainer Christian Wück - den könnten Einige von Euch noch kennen - legt heute in der FAZ eine WM-Analyse vor, die nicht so überraschend ist. Leider hinter PW, daher einige Auszüge hier:
Blockzitat Für mich hat der Verlauf dieser WM gezeigt, dass wieder mehr auf die mannschaftliche Geschlossenheit geachtet wird. Mir haben in dieser Beziehung zum Beispiel die Niederländer sehr imponiert. Dort wusste jeder Spieler, was seine Rolle ist, was er für die Mannschaft, was er für den Erfolg zu tun hat. Da wurden persönliche Eitelkeiten dann hinten angestellt.
Blockzitat Das ist die Kunst, ein Team so zu formen, dass es genau weiß, wo seine Stärken sind. Nehmen wir die Kroaten, die den Spielfluss ihrer Gegner sehr gut stören. Dazu wissen sie genau, dass sie nur als Einheit gewinnen können und agieren defensiv als komplettes Team mit aller Konsequenz. Ich habe sie gegen Japan live gesehen, und ehrlicherweise hat es mehr Spaß gemacht, den Japanern zuzusehen, die dieses Spiel eigentlich gewinnen mussten… Aber aus Trainersicht haben die Kroaten defensiv schon sehr vieles richtig gemacht, ihre Stärken komplett eingebracht.
Blockzitat Wir diskutieren intern gerade sehr viel über die Rolle eines Fußballspielers in einem Team und dabei besonders über Positionsprofile, also was ein Spieler ausfüllen muss, um für diese oder jene Position geeignet zu sein. Ich bin sicher, dass darauf künftig mehr Wert bei der Teamzusammensetzung gelegt werden wird und Positionsprofile eine größere Rolle spielen. Im Fernsehen wird zwar viel über taktische Systeme diskutiert, aber diese Diskussion ist in meinen Augen ziemlich überbewertet. Taktische Systeme sind eine Grundstruktur, aber mehr auch nicht.
Blockzitat Wichtig ist für den Erfolg nicht zwingend das System, sondern wie ein Spieler seine Rolle und wie spielintelligent er seine Position mit Leben füllt. Deshalb gilt es lange vorher festzulegen: was fordern wir auf dieser Position, wer passt – auch charakterlich – dahin, wer hat diese individuellen Fähigkeiten, wer kann das zu 100 Prozent ausfüllen? Das wird viel wichtiger werden, als ein bestimmtes System einspielen zu lassen. In unseren positionsspezifischen Programmen setzen wir uns beim DFB vom Torwart bis zum Stürmer mit genau diesen Fragen auseinander.
Blockzitat In unseren ersten WM-Analysen vor Ort sehen wir dazu, dass Ballbesitzfußball keine große Rolle spielt. Es kommt vielmehr auf die Intensität in den Aktionen, in den Zweikämpfen an, um dann nach Ballgewinn schnell nach vorne zu spielen. Das ist so wichtig geworden, weil mittlerweile viele Mannschaften sehr gut verteidigen können, und weil die defensive Stabilität eine überragende Rolle spielt.
Blockzitat Das Angriffsspiel über außen ist deshalb ein großer Faktor. Es sind statistisch schon jetzt viel mehr Tore über die Außenspieler vorbereitet worden als vor vier Jahren. Das hat vor allem mit der individuellen Schnelligkeit der Spieler zu tun. Da haben wir in der Vorrunde und im Achtelfinale einige perfekte Spielzüge von den Portugiesen oder den Niederländern gesehen.
Blockzitat Die Schnelligkeit der Spieler wird einen immer größeren Stellenwert einnehmen. Dagegen hat die Anzahl der durch die Mitte vorbereiteten oder durch Weitschüsse erzielten Tore nachgelassen, weil die Mitte defensiv so verdichtet ist. Aber wer weiß schon – vielleicht wird die WM am Ende trotzdem so entschieden.
Da sind ja einige Erkenntnisse dabei, besser spät, als nie.