Danke. Hatte ich bisher noch nicht „gefunden“…
Die Hausaufgaben-Liste für „muss ich noch nach-lesen“ wird nicht kürzer.
Bleibe trotzdem mit dem Thema erstmal hier.
Exakt. Genau das meine ich.
Ich bin (noch) immer so gepolt, fürchte ich…
Die (bei mir) explizite und ausufernde Beschäftigung mit der Nazi-Zeit hat da einfach im Hirn was eingepflanzt. So eine Art Beißhemmung, freilich intendiert und reflektiert.
Lösen lässt sich sowas wohl nicht, nur indem man quasi dauer-pendelt zwischen abstrakter („ich stehe an der Seite der einzigen Demokratie und zumindest prinzipieller säkularer Ausrichtung im dortigen Raum“) und konkreter („ich verurteile die Handlungen der israelischen Regierung als Kriegsverbrechen“) Einschätzung.
Es gibt im Übrigen einen prinzipiellen Unterschied zwischen uns, die wir hier sowas debattieren, und der aktiven Beteiligung im politischen Raum:
Ich habe tatsächlich noch niemals einen aktiven, einflussreichen Politiker getroffen/gehört/gesehen, der sich zu solchen komplexen Konflikten nicht eine praktisch-zynische Grundeinstellung zugelegt hätte.
Wir hingegen leisten uns (wie es viele wohl nennen würden) den moralischen Elfenbeinturm, sozusagen die reine Lehre.
Ich meine das ganz wertfrei. Aber genau das lässt mich bisweilen oszillieren zwischen den Polen und skeptisch auf allzu klare Haltungen (inclusive meiner eigenen) blicken.
Ja, da ging es mir sehr ähnlich beim Thema Corona mit manchen Leuten/Bekannten aus der Alternativmedizinseite/Szene - wer da so total einseitig unterwegs war/ist, den musste ich auch leider mental komplett abservieren…
Die ganze Israel/Palästina Geschichte ist halt ebenfalls in echt hochkomplex - und dafür dass Israel sich da leider auch in sehr vielerlei Hinsicht ebenso total unmöglich aufführt: Da haben wir Deutschen zumindest historisch natürlich in der Tat einen nicht zu vernachlässigenden Anteil daran.
Aus Opfern werden Täter - leider eines der Grundprinzipien der Geschichte/Menschheit…
Dazu eine kleine hypothetische Frage:
Angenommen Hamas und Israel dürften für nur einen Tag ihr komplettes Waffenarsenal tauschen und die Hamas hätte so viele Kämpfer zur Verfügung wie Israel Soldaten. Glaubst du die Zahl an toten Israelis an diesem einen Tag würde die (zweifelsfrei zu hohe) Zahl der bisher in fast 20 Monaten im Gazastreifen getöteten Menschen übersteigen? Ich glaube ja und würde behaupten sogar um ein Vielfaches.
Wir haben es hier mMn mit einer Organisation zu tun, die in ihrer Absicht, so viele Juden wie möglich zu töten, mit einem ähnlichen Fanatismus vorgeht wie das die Nazis taten, nur mit dem glücklichen Umstand, dass sie nicht die Mittel dazu haben. Insofern würde ich mir den Vergleich noch einmal überlegen. Es mag in der israelischen Armee sicherlich auch genug Kriegsverbrecher geben, aber bei der Hamas sehe ich eigentlich nur Personen, für die Juden keine Menschen sind.
Und hier beginnt mMn das Dilemma für Israel. Wenn man ein Ungeheuer bekämpft sollte man darauf achten, nicht selbst zum Ungeheuer zu werden. Andererseits ist das Leben der eigenen Bevölkerung für einen Staat im permanenten Ausnahmezustand im Zweifelsfall höher zu gewichten.
Wir leben zwar im 21. Jahrhundert, aber hier zählen dann doch scheinbar immer noch die Regeln der vorherigen Jahrtausende der Menschheitsgeschichte und die sagen im Kriegsfall meisten: „Der Zweck heiligt die Mittel“.
Im 2. Weltkrieg wurden manche deutsche Städte friedlich an die Alliierten übergeben und manche wurden dem Erdboden gleichgemacht. Die Entscheidung hierüber lag bei ein paar Offiziellen der Stadt, die entweder die Niederlage nicht wahrhaben wollten und bis zum letzten Blutstropfen kämpfen wollten oder die die Unvermeidbarkeit der Niederlage akzeptierten und kapitulierten. Waren allgemein die Berliner größere Nazis als die Münchener? Ich denke nicht, aber sie lebten in der falschen Stadt und kamen deshalb nicht um einen zerstörerischen Häuserkampf nach tagelangem Dauerbeschuss durch Artillerie herum.
Die Geschichte zeigt immer wieder, dass ein Volk sich selbst von einem Tyrannen befreien muss, damit es verschont wird. Wenn nicht, muss damit gerechnet werden, dass die Bomben fallen und zwar meistens von oben (siehe Hiroshima und Nagasaki). Eine Befreiung von Tyrannen kann auch ohne extreme Verluste passieren, was man Ende der 90er im Ostblock bewundern durfte, aber in diesem Fall habe ich die Hoffnung hierfür aufgegeben. Wenn man im Gaza-Streifen nach Unterstützern eines Aufstandes gegen die Hamas suchen würde, wäre die Suche wohl bald wegen mangelnden Erfolges abgeblasen und wenn man die Bevölkerung dort mit Waffen ausstatten würde, um ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, dann würden wahrscheinlich 90% dieser Waffen nicht gegen die Hamas gerichtet werden, sondern gegen Israel, was angesichts der Vorgeschichte nicht verwundert.
Somit kann Israel entweder akzeptieren, dass es die Hamas nie ganz wird ausschalten können oder weiterhin bei seiner radikalen Vorgehensweise bleiben in der Hoffnung, dass sie ihr Ziel erreichen und damit selbst die Transformation zum Ungeheuer weiter fortsetzen.
Das sind doch alles Antisemiten…
So zumindest normalerweise der einstimmige Ton wenn man das anspricht.
Ernsthaft:
Das ganze Thema Israel ist eines bei dem man sich am besten Partout raushält, vor allem in Deutschland und vor allem nachdem die Worte Staatsräson und Israel in einem Satz gefallen sind.
Da musst du so Wortgewandt sein, dass dir nicht irgendeine Aussage auf die Füße fällt
Hattest Du den Eindruck, ich würde die Verbrecher der Hamas in irgendeiner Form bagatellisieren? Ich begegne in der Debatte um Kriegsverbrechen immer wieder demselben Dilemma: Wenn ich Vergewaltigungen der Roten Armee auf ihrem Vormarsch durch Osteuropa 1944/45 anprangere, springen mir die Russlandfreunde (und ich bin selber einer) in den Nacken, weil die Nazis zuvor viel schlimmere und größere Verbrechen und Gräueltaten verübten.
Wenn ich das Aushungern des Gazastreifens anprangere, soll ich einsehen, dass die radikal-antisemitischen Mordgesellen der Hamas Schlimmeres verüben würden, wenn sie nur könnten. Das würden sie ohne Zweifel!
Dazu eine kleine hypothetische Frage:
Da die Hamas und ihre unzähligen Mordgesellen, Sympathisanten und Bündnisvereinigungen nicht von selber ihre Waffen übergeben, geht’s wohl nur mit einer kompletten Auslöschung der Palästinenser:innen im Nahen Osten. Oder glaubst Du im Ernst, dass nach 80 Jahren Krieg, Vertreibung und immer weitergehender Zurückdrängung die Palästinenser nun ihre Radikalisierung zurücknehmen?
Die fast 2,2 Millionen Einwohner des Gazastreifens leben auf einer Fläche von knapp 360 Quadratkilometern. Der Gazastreifen ist damit kleiner als das Bundesland Bremen (420 Quadratkilometer), in dem etwas mehr als eine halbe Million Menschen leben.
Wenn in Bremen 14.000 Kinder durch Bomben und Artillerie in anderthalb Jahren gestorben (Kollateralschaden, ich weiß) wären, was glaubst Du: Würden die Bremer:innen dann den Bombern den Ölzweig entgegenrecken?
Die Logik des Krieges habe ich nie akzeptiert. Ähnliche Debatten führen wir um den anderen akuten Kriegsverbrecher an der Macht - Putin.
Im Gegensatz zu den Alliierten 1944/45 machen wir uns die Hände nicht mehr schmutzig, das Kriegführen überlassen wir Israel und der Ukraine. Wir entsorgen unsere vetalteten Waffenbestände vor dem Verfallsdatum in die Kriegsgebiete und waschen unsere Hände in Unschuld.
Meinst Du, so wie wir Deutschen uns 1945 selbst von einer Tyrannei befreit haben?
Meinst Du, wenn man den Gazastreifen lang genug von oben „begrüßt“, dann wenden sich die Bombardierten gegen die Hamas?
So wie wir damals -nach 4 Jahren Bombenkrieg-Hitlers Schergen in einem großen reichsweiten Aufstand in die Antarktis gejagt haben?
Nach Deiner Logik würde eine Atombombe auf den Gazastreifen das Ganze lösen. Eine Million Palästinenser geht drauf, der Rest ergibt sich danach.
Ich bin hingegen sicher: Jedes ermordete Kind in Gaza erzeugt fünf neue radikalisierte Hamas-Anhänger.
Und ich glaube kein bisschen an einen Frieden in und um Israel mit den Mitteln des Krieges - es sei denn, wir (sprich: die nächste Coalition of the willing) machen uns die Hände schmutzig wie 1990 im Irak.
(Aber den Diktator im Irak haben wir damals auf seinem Thron gelassen. Der wurde schließlich noch gebraucht - bis 2001 als Begründung für den Krieg gegen den Terror. 25 Jahre nach Bushs erstem Golfkrieg war der Irak radikalisiert genug, um dort für Jahre ISIS erstarken zu lassen. Die Unterstützung für ISIS und Hamas hat einen Ursprung: jahrzehntelange Bürgerkriege, Vertreibung und bittere Armut im eigenen Land. Hamas und ihre ideologischen Spießgesellen nutzen das brillant für ihren Judenhass, ihre anti-israelische Propaganda und rekrutieren immer weiter. Aus der Logik des Krieges entsteht immer nur eines - mehr Krieg!)
als einziger Weg?
Die Alliierten haben uns 1944/45 anderes gelehrt. Warum keine analoge Allianz gegen den Imperialismus des Kreml? Oder zum Erzwingen eines Friedens im Nahen Osten?
Richtig - inzwischen sind Atomwaffen im Spiel. Und dann ist das mit der Logik des „Von oben befreit werden“ auch vorbei.
Bert Brecht
„Auch der Hass gegen die Niedrigkeit
verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unserer
Mit Nachsicht.“
Es geht durchaus auch anders, wenn man denn nur will - und die Zuschauerin in diesem kurzen Clip zu dem Konzert des West-Eastern Divan Orchesters (ein Orchester mit Musikern aus Ägypten, Israel, Palästina, Jordanien, Iran, dem Libanon, Syrien und anderen) formuliert es nahezu perfekt aus meiner Sicht. Leider, sehr leider ist man davon politisch meilenweit entfernt - man will nicht. Wir brauchen viel mehr von dieser Musik, definitiv. Und viel mehr Menschlichkeit.
Der Mitbegründer des Orchesters, Daniel Barenboim, hat als einziger Mensch auf der Welt gleichzeitig die israelische und palästinensische Staatsbürgerschaft.
Auch das ist ein Zeichen!
Es sind immer die Hardliner auf beiden Seiten eines so gravierenden Konflikts, die eine friedliche Lösung nicht nur ablehnen, sondern sie verhindern wollen. Im Oslo-Prozess …
… war man einer friedlchen Lösung schon einmal sehr nahe. Dann ermordete ein radikaler Israeli den Ministerpräsidenten Rabin.
Zum Thema Somuncu…
Der war wohl schon immer dem Schwurbeln nah und viele (auch ich) haben es entweder nicht wahr haben wollen oder mitbekommen.
Ich hatte vor drei Wochen (paar Tage nach der Veröffentlichung des BfV-Berichtes zur AfD) Emails an die LINKE im Bundestag sowie in Bremen geschickt - und keine Antwort erhalten (was mich tatsächlich ziemlich enttäuscht hatte - die email war gut recherchiert und sehr klar in ihren Anfragen.
Konkret wollte ich zusammengefasst wissen, wie die LINKE zu folgenden Fragen steht:
„Mein Anliegen: Bis die AfD tatsächlich verboten ist, möchte ich dazu beitragen, ihr den Geldhahn zuzudrehen.
Mit der Neueinschätzung der AfD durch das BfV als „gesichert rechtsextrem“ eröffnen sich da mMn neue Möglichkeiten.
Erstens: Der AfD Wahlkampfkostenerstattung aberkennen.
Und zweitens: Der AfD-Stiftung Desiderius-Erasmus die Stiftungsförderung entziehen.“
Das habe ich in der Folge dann mit Quellen und Fragen begründet und konkretisiert.
Gestern hab ich eine Abgeordnete der LINKEN im Bundestag entdeckt, die ich bis dato gar nicht kannte, und deren Online- Account mich wirklich überzeugte.
Also hab ich einfach noch einen Versuch unternommen und die email an ihr Berliner Büro geschickt.
Und rumms - vier Stunden später kam folgende Antwort: die ich hier einfach wiedergebe. (Keine revolutionär neuen Erkenntnisse, aber zumindest eine detaillierte Beschreibung der Position der LINKEN)
„Lieber Herr Mank,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Gerne beantworten wir Ihre Fragen:
Die Linke hat in Halle einen Parteitagsbeschluss gefasst, einen Verbotsantrag zu unterstützen. Das ist nach wie vor unser Ziel. Natürlich sind wir auch der Auffassung, dass die AfD keine staatliche Finanzierung erhalten sollte.
Der folgende Artikel könnte für Sie interessant sein: Parteienfinanzierung: Kann man auch der AfD das Geld wegnehmen? | ZEIT ONLINE
Er beschreibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Verbotsverfahren und dem Verfahren zum Ausschluss von der Parteifinanzierung. Die antragsberechtigten Verfassungsorgane sind in beiden Fällen die gleichen, also Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag (§ 43 Abs. 1 BVerfGG).
In Bezug auf die zweite Frage hat nicht nur die Neubewertung des BfV etwas verändert. Vor allem hat das im vergangenen Jahr beschlossene Gesetz zur Stiftungsfinanzierung eine gesetzliche Grundlage einerseits für die Finanzierung der parteinahen Stiftungen geschaffen und andererseits auch Kriterien für einen Ausschluss von der Finanzierung festgelegt.
Das Gesetz ist hier nachzulesen:
https://www.gesetze-im-internet.de/stiftfing/BJNR17F0A0023.html
In §2 heißt es:
(4) Die politische Stiftung bietet in einer Gesamtschau die Gewähr, für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv einzutreten. Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass die politische Stiftung mit ihrer künftigen Stiftungsarbeit diese Gewähr nicht bieten wird, können insbesondere sein 1. eine in der Vergangenheit liegende Stiftungsarbeit, die nicht der Förderung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie dem Gedanken der Völkerverständigung diente, 2. Veröffentlichungen, deren Inhalte die Erwartung begründen, dass die Stiftungsarbeit nicht im Sinne der Nummer 1 dienlich sein wird, 3. die Mitwirkung, Beschäftigung oder Beauftragung von Personen, die die inhaltliche Arbeit der Stiftung wesentlich beeinflussen können, wenn bei ihnen ein hinreichend gewichtiger Verdacht besteht, dass sie verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgen, oder 4. eine verfassungsfeindliche Prägung der politischen Grundströmung, die der Stiftung zuzuordnen ist.
(5) Die politische Stiftung ist nicht darauf ausgerichtet, einen der in § 4 Absatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Kraft zu setzen. Eine solche Ausrichtung ist in der Regel anzunehmen, wenn die politische Stiftung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall oder als gesichert extremistisch eingestuft wird.
Auf dieser Grundlage kann das Innenministerium die Erasmus-Stiftung von der Finanzierung ausschließen.
Im Hinblick auf die Frage, wie Sie Druck ausüben können, sodass die AfD und deren Stiftung keine Finanzierung erhalten, würde ich vorschlagen, dass Sie sich an die Bremer Abgeordneten der Regierungsfraktionen wenden sowie an die Bremer Landesregierung, damit diese sich im Bundesrat für die Anliegen einsetzt.
Mit freundlichen Grüßen
Annika Bächle (sie/ ihr)“
Büroleiterin
Clara Bünger, MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Klasse, danke für die Info!
Dürfte ja jetzt ein Selbstgänger sein.
Im Klartext: keine der Institutionen wird das beantragen, weil die anderen Fraktionen/Parteien die Aggressionen fürchten, die solche „obrigkeitsstaatlichen“ Maßnahmen auslösen. M.a.W.: man fürchtet eine Intensivierung des ohnehin bereits habituellen Opfernarrativs und einen dadurch womöglich dramatischen Zuwachs an Glaubwürdigkeit der AfD. Sprich: man kommt aus der Defensive nicht mehr heraus. Zumal da der Druck seitens der Trump Administration zusehends stärker wird, der AfD die Machtteilhabe nicht mehr zu verweigern.
Genau so befürchte ich das auch!
Die Aussage, dass du keinen Unterschied mehr zwischen Hamas-Kriegsverbrechern und israelischen Kriegsverbrechern machen möchtest, hat mich etwas stutzig gemacht. Das hat auch nichts mit Bagatellisierung zu tun, denn so etwas kann man dir keinesfalls vorwerfen - ganz im Gegenteil, denn du vertrittst die löbliche Einstellung, dass man auch im Kriegsfall die Prinzipien der Menschlichkeit nicht über Bord werfen darf.
Bezüglich der Einschätzung zu Kriegsverbrechen bin ich allerdings der Meinung, dass Realität und Konventionen zwei verschiedene paar Stiefel sind. Man kann von Soldaten eines Landes, das großes Leid durch einen Feind erfahren musste, nicht erwarten kann, dass sie alle Prinzipien der Menschlichkeit gegenüber dem Feind und dessen Bevölkerung walten lassen. Wer 14 Millionen sowjetische Zivilisten abschlachtet, braucht sich nicht zu wundern, wenn Rache genommen wird. Wer Coventry dem Erdboden gleich macht, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Royal Air Force das gleiche mit deutschen Großstädten macht. Immer trifft es dabei die Falschen, aber immer hat jemand damit angefangen und dieser jemand kann dann nur schwer Mitleid erwarten und darf sich auch nicht wundern, wenn der Gegner ebenfalls nicht immer „fair“ spielt.
und das gilt auch im Jahr 2025 noch: wer Zivilisten grausam abschlachtet und dabei sogar Säuglinge bewusst tötet, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Gegenseite den Tod von Zivilisten ebenfalls in Kauf nimmt, um ihre Ziele zu erreichen.
Und das sollte man auch als Zivilist wissen, wenn man Parteien oder Gruppierungen an die Macht bringt, die jemanden vernichten wollen. Das müsste man wissen, wenn man nach Anschlägen, Angriffen oder auch nur bei Geiselübergaben wie ein tollwütiger Mob auf die Straßen rennt und feiert.
Vorherige Generationen in unserem Land mussten das auch erleben, weil sie es nicht schafften, die Verbrecherbande der Nazis zu stoppen, sondern sie immer größer und mächtiger werden ließen, bis es nicht mehr möglich war, sie zu stoppen.
Das ist hoffentlich nicht einmal in den kranken Gehirnen von so manchem rechtsextremen Juden eine realistische Option.
Vielleicht muss man aber tatsächlich auch Optionen prüfen, die verhindern, dass auf einer solch kleinen Fläche wie dem Gaza-Streifen weiterhin über 2 Millionen Menschen zusammengepfercht im Umfeld einer Terror-Organisation leben, die sie nur zu gerne als menschliche Schutzschilde, Druckmittel etc. benutzt?
Die Geschichte zeigt auch: Ohne große, erzwungene Bevölkerungsverschiebungen hätten sich so manche Konflikte des 20. Jahrhunderts wohl nicht lösen lassen (Hindus vs. Moslems in Indien, Griechen vs. Türken, Deutsche in Polen/ Tschechoslowakei, Polen in Belarus/ Ukraine…)
Ich sehe für den Nahen Osten aktuell kaum realistische Lösungen, denn die Fanatiker auf beiden Seiten haben zu viel Zulauf bekommen.
Ich würde da keinen Unterschied machen. Die deutschen Soldaten in den Schützengräben mussten auch täglich um ihr Leben kämpfen, wurden von den Russen mit allen Mitteln bekämpft und waren so einer Extremsituation ausgeliefert.
Ich bin da mehr die Auffassung, dass sich alle Menschen in so einer Situation gleich verhalten.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind nicht zu verzeihen, passieren aber trotzdem tagtäglich und auf beiden Seiten, ob in Russland vor 80 Jahren oder letzte Woche im Gazastreifen.
Und so geht es heute auch den russischen Soldaten in der Ukraine. Diese kämpfen aber - wie damals die deutschen Soldaten - in einer Armee, die einen Angriffskrieg führt. Wie sehr sich auch die einzelnen Soldaten in einer vergleichbaren Situation befinden, so kann man diesen Aspekt keinesfalls außer acht lassen.