[quote=„Gratschifter, post:143, topic:7481“]
Ich verstehe deine Fassungslosigkeit. Fassungslosigkeit ist immer häufiger meine erste Reaktion auf den Lauf der Dinge.
Aber wenn wir uns da rausziehen, dann ebnen wir dem Rollback endgültig den Weg. Ich hoffe, daß das von Deiner Seite aus (hoffentlich) nur bildlich gemeint ist.
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Ist es. Raus im Sinne von Ich bin ratlos, nicht im Sinne von Kümmert mich nicht mehr.
Und erfreulicherweise hat mich @Women7 ja gleich erhört bei meinem Hilfeschrei…
Vielen Dank für Deine Zeilen, Charly!
Ja, von mir.
Ja, die Sache mit den Rollenvorbildern. Ich finde, der Vater in der Serie ist ja kein ganz schlechter Kerl. Ich meine, er ist kein Granaten-Arsch wie ein Trump oder Andrew Tate, sondern hat eigentlich keine schlechten Absichten - und doch ahnt man in manchen Details, was den Sohn unbewusst prägt. Und das sind eben scheinbar nicht die günstigsten Rollenmodelle.
Abseits gewisser Klischees, die ja immer auch einen wahren oder realen Kern wiedergeben (die Rolle der Frau/Mutter in der Care-Arbeit), habe ich wohl auch deshalb so eine instinktive Sympathie für die queere Szene, weil sich dort variablere Rollenbilder manifestieren, mit fluideren Ausrichtungen von Sexualität und dementsprechenden Toleranzen.
Man selbst wird ja (leider) nicht als Feminist geboren. Auch meine Entwicklung unterschied sich keineswegs von anderen in den späten Sechzigern Geborenen. Ich hatte aber, trotz der Prägung herkömmlicher Muster, früh Kontakt zu vielen beeindruckenden Frauen. Das hilft sicherlich.
Jedenfalls hab ich an mir dann schon früh in der Pubertät eine untypische Seite für Männer entdeckt (die sich übrigens bis heute gehalten hat):
Wenn du mich in einen Raum sperrst mit 20 mir unbekannten Männern und einer unbekannten Frau, dann sehe ich automatisch erst mal nicht viel Sinn darin, mich mit einem Mann zu unterhalten. Das hat weniger eine sexuelle Komponente - da wäre ich flexibel .
Dahinter steckt natürlich das Gefühl, in ein Gespräch mit demjenigen Menschen zu treten, der tendenziell interessantere, vor allem auch größere Einblicke in die Welt offenbaren könnte. Gewissermaßen auch eine breitere Gefühlspalette.
Das ist während einer Zeit des Heranwachsens, wo man sich selbst oftmals unsicher und verwirrt fühlt, definitiv von Wert - und steht im glatten Widerspruch zu den von @Women7 erwähnten simplen Botschaften, die man im Netz heutzutage so ausufernd aufschnappen kann.
Die Folgerung der Psychologin nach Pädagogik, die Emotionen auslöse, finde ich in diesem Zusammenhang tatsächlich stimmig und hilfreich. Ich habe in meinen zahlreichen sozialen Kontakten zum anderen Geschlecht eine so breite emotionale Palette kennenlernen dürfen, dass mir Gespräche mit meinem eigenen oftmals etwas simpel vorkamen.
Eine weitere Facette: Spreche ich als Mann/Junge mit Frauen/Mädchen, entfällt in der Regel dieses hochanstrengende kompetitive Element. (Wohl mit ein Grund, warum so viele Homosexuelle sich mit dem jeweils anderen Geschlecht so gut verstehen.) Da ich mit meiner Freundin nicht konkurriere, wenn ich mit ihr über eine Angebetete spreche, brauche ich meinen Gefühlshaushalt auch nicht verstecken oder schönreden.
In diesem Sinne:
Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass sich hinter den vermeintlich starken Führern allzu gern eine zutiefst verunsicherte Natur verbirgt. Damit jedoch wird das dauernde Gebot, an der Spitze der Nahrungskette zu stehen, unfassbar anstrengend - oder man braucht eben eine Masse hinter sich, damit man sich auch mal verstecken kann.
Letzteres wiederum kränkt zumindest für mich meine Eitelkeit und mein Bestreben, als Individuum und mit persönlicher Note wahrgenommen zu werden.
Aber klar ist, dass es dafür ein relativ stabiles Selbstwertgefühl braucht:
Da liegt der Hund begraben, zweifellos.
Man muss auf diese Psychologin hören (deren Name nicht Omen ist) , und auf @Women7 und all die anderen schlauen Frauen mit einer tieferen Kenntnis der Gefühle und Zusammenhänge. Es ist das komplexere, aber viel interessantere Leben.