Ich persönlich wäre dafür, die Schuldenbremse zu belassen, aber die Steuern zu erhöhen.
Leider wird sich das keiner trauen.
Ich persönlich wäre dafür, die Schuldenbremse zu belassen, aber die Steuern zu erhöhen.
Leider wird sich das keiner trauen.
Was hätte das für Vorteile?
tja - da haben die Rechten Spinner ja ereicht was sie wollten - die Demokraten drehen endgültig steil, die Spaltung schreitet voran - das kommt davon, wenn man sie gewähren lässt, sie ernst nimmt, sie kopiert, mit ihnen spricht…
herzlichen Glückwunsch auch!
@cheffe: Danke für Deinen angenehm bescheidenen Kommentar zur Ökonomik. Ich begegne in öffentlichen Foren nicht allzu oft Leuten, die meinen, sich in einem Thema, zu dem sie sich gleichwohl ziemlich klug einlassen, nicht gut auszukennen und die deshalb nach der Einschätzung anderer dazu fragen, um selbst schlauer zu werden.
Du fragst nach wirtschaftlichen Impulsen von “links” und “rechts”. Erlaube mir einen klassischen Politikertrick anzuwenden und zunächst - und seeehr langatmig - auf eine Frage zu antworten, die Du gar nicht gestellt hast, bevor ich dann am Ende kurz auf Deinen eigentlichen Punkt zu sprechen komme: Warum hat die VWL bei vielen Leuten, die politisch interessiert sind, einen so schlechten Ruf?
Ich kann sehr gut verstehen, warum Volkswirtschaftslehre und die wissenschaftliche Beschäftigung mit ökonomischen Zusammenhängen so attraktiv ist für gewisse Leute, mich selbst eingeschlossen: es ist alles so stringent, so logisch, so klar. Man nimmt ein paar Axiome als Bausteine und kann dann damit tolle Modelle bauen, meist mathematisch formalisiert, mit denen man präzise Vorhersagen über das Verhalten von Menschen (wirtschaftlichen Agenten) machen kann, die man dann empirisch testen kann, woraufhin man die Modelle gegebenenfalls verwirft, die Axiome ändert, aber auf jeden Fall das Gebäude der Erkenntnis immer weiter anpasst, erweitert und verfeinert. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Mit immer mehr verfügbaren Daten und Möglichkeiten, reale Sachverhalte als Daten zu erfassen und zu erheben, lassen sich immer neue Ideen als Hypothesen formalisieren, modellieren und testen, und so ist im Laufe der Jahrzehnte ein reichhaltiger Bestand an empirisch gut bewährten Theorien und Modellen für die Behandlung verschiedenster ökonomischer Zusammenhänge entstanden, der ständig erweitert, verbessert, präzisiert und überholt wird. Die hohe innere logische Konsistenz der Modelle, der ganze logische Aufbau der Wissenschaft an sich, die Möglichkeit der rigorosen mathematischen Formalisierung, die empirische Überprüfbarkeit, Anpassbarkeit und die grenzenlose Erweiterbarkeit der Erkenntnisse - all das ist für einen bestimmten Schlag Mensch, der dann wahrscheinlich auch einen großen Teil der professionellen Ökonomen ausmacht, schon sehr attraktiv.
Es gibt einige Axiome oder Prinzipien, die sich explizit oder implizit durch weite Teile der Volkswirtschaftslehre ziehen, zum Beispiel der Fokus auf Effizienz. Vergleicht man beispielsweise zwei Situationen, in denen jeweils die gleiche Menge an Ressourcen für die Produktion zur Verfügung steht, wovon in der einen Situation einer alle Ressourcen besitzt und die anderen keine und in der anderen alle die gleiche Menge an Ressourcen besitzen, und in der ersten Situation wird mit der ungleichen Ressourcenverteilung mehr Output erzeugt als in der zweiten Situation mit der gleichen Ressourcenverteilung, dann ist die erste Situation für einen Volkswirt nicht schon per se problematisch, denn sie stellt ja eine effizientere Verwendung von Ressourcen dar. Solche Gedanken finden viele Menschen irritierend, denn wenn es um Ressourcenallokation geht, haben die meisten immer schon Vorstellungen von Gerechtigkeit im Kopf, wohingegen der Volkswirt zwischen Allokation und Distribution unterscheidet. Ein anderes Beispiel ist der Versuch (oder die Überzeugung), menschliche Bedürfnisse über Preise, Zahlungsbereitschaften, relative Präferenzen zwischen Gütern, Nutzenkalküle etc. abzubilden oder abbilden zu können. Was die VWL in ihren Modellen verhandelt, muss irgendwie messbar und idealerweise quantifizierbar sein.
Es ist verständlich, dass solche ökonomischen Modelle, ökonomisches Denken und die darin entspringenden Gedankengänge bei Nicht-Ökonomen oder Leuten, die irgendwie “philosophisch” veranlagt sind und zum Beispiel menschliches Dasein als immer schon in größere, irreduzible Sinnzusammenhänge eingebettet und das menschliche Leben in seinen wesentlichen Aspekten als a priori unkategorisierbar und unquantifizierbar ansehen, auf Unbehagen und Widerstand stoßen. Man will nicht reduziert werden auf eine Zahlungsbereitschaft. Man fühlt sich unwohl mit einer Wissenschaft, die rationale Argumente für Ungleichheit liefert. Es fühlt sich falsch an, wenn Leute mit mathematischen Modellen berechnen, wie viel zusätzlicher Wohlstand durch globalen Freihandel entsteht, wenn dieser Freihandel gleichzeitig in der heimischen Industrie Tausende von Menschen ihren Arbeitsplatz kostet.
Zusammen mit der politischen Vereinnahmung ökonomischer Erkenntnisse von “links” und “rechts”, nach der Du ja eigentlich gefragt hast, und obwohl Ökonomen selbst diese Vereinnahmung wahrscheinlich zurückweisen und darauf hinweisen würden, dass manche vielleicht einen stärkeren Fokus auf Effizienz und andere auf Verteilung legen würden (zum Beispiel), kann Ökonomik und ökonomisches Denken dann oft kalt, klinisch und wie losgelöst vom “wirklichen Leben” und Ökonomen wie herzlose, kühle Apologeten einer abstrakten Wissenschaft wirken, die bei all ihrer formalen Modellierung den Menschen aus den Augen verliert oder sogar nie richtig im Blick hatte und sich lieber ständig selbstgenügsam über ihre Annahmen und Methoden streitet, die von Außenstehenden als vermeintlich links oder rechts wahrgenommen werden.
Ich kann diese Auffassung nachvollziehen, und ich kann auch nachvollziehen, woher sie kommt, aber ich teile sie nicht, denn eigentlich modellieren Ökonomen nur die Welt unter der Annahme bestimmter Prämissen, was an sich weder rechts noch links noch kaltherzig oder was auch immer ist, wobei vom ersten Axiom bis zum letzten Ergebnis jedes Element eines Modells jederzeit für jedermann nach Belieben nachzuprüfen und nachzuvollziehen ist. Ökonomen machen keine Politik, genauso wenig wie Virologen Politik machen. Es ist an der Politik, also pathetisch gesprochen an uns allen, die Erkenntnisse, die die Ökonomik bereitstellt, zu bewerten und in gesellschaftliches Handeln umzusetzen, was im Extremfall natürlich auch bedeuten kann, sie komplett zu verwerfen und gar nicht zu berücksichtigen. Dieses politische Handeln ist dann von mir aus links oder rechts, aber nicht die Ökonomen und ihre Modelle und Erkenntnisse selbst. Wenn Du daher das Ausbleiben von ökonomischen Impulsen von rechts oder links beklagst, dann wäre dieser Appell eigentlich eher an unsere Wirtschaftspolitiker zu richten als an die Zunft der Ökonomen.
„Ich kann die Bedenken, die geäußert werden, und auch teilweise die Naivität kaum mehr ertragen.“ Deutschland müsse sein Recht beanspruchen, zu entscheiden, wer nach Deutschland kommt, wer hierbleiben darf und wer nicht. Das sei für ihn „eine Frage der Liberalität“, sagte Lindner.
Ich würde mal sagen, dass einige jetzt langsam zur Vernunft kommen. Wenn es dazu erst „rechte Spinner“ und 30% für die AfD bei einer Landtagswahl braucht ist das traurig genug und ein Armutszeugnis für die deutsche Politik.
Danke für Deine ausführliche Antwort, @Alex, und die damit verbundenen Einsichten in die Faszination der VWL-Denke. Das hat tatsächlich geholfen.
Das hast Du gut erfasst, in meinem Fall sogar perfekt getroffen. Ich war von der Neigung, durch die entsprechenden Modelle quasi als homo oeconomicus eingeordnet zu werden, schon immer emotional getriggert, fast beleidigt ! Ich fühlte mich in meinem Dasein als Mensch tatsächlich reduziert, ja schlimmer noch, angesichts der für viele Ökonomen so überraschenden Finanzkrisen bestimmter Zeiten auch falsch eingeschätzt.
Das ist nicht leicht zu formulieren, aber ich hatte immer den Eindruck, dass die Ökonomen nur sehr langsam auf Entwicklungen reagierten, die gewisse Modelle doch eigentlich früher hätten in Frage stellen müssen - anders formuliert:
Ich hatte immer große Zweifel an den von Dir erwähnten präzisen Vorhersagen über das Verhalten von Menschen, überhaupt deren Einbettung in die ökonomischen Modelle.
Damit will ich keinesfalls die Ökonomie allzu sehr diskreditieren oder als überflüssige Fleißarbeit denunzieren, und ich kann auch die von Dir beschriebene Faszination nachvollziehen, die ich ähnlich etwa bezüglich Niklas Luhmanns Theorien über Systeme oder den verschiedenen Spieltheorien empfinde; und über die existieren ja ähnliche Vorbehalte mancher Menschen.
Sagen wir so:
Die Selbstgenügsamkeit ist tatsächlich etwas, was ich bei vielen Wissenschaftlern (nicht nur) der Ökonomie bekrittele. Dabei ist die Verbesserung doch offensichtlich schlicht die, dass man bereit ist, interdisziplinär zu denken und zu forschen.
Das stimmt natürlich, da hab ich stark vereinfacht. Oder übliche Schubladen benutzt, um es darstellbarer zu machen, was ich meine.
Ich weiß natürlich auch viel zu wenig über die genaue Verflechtung der Wissenschaftler mit der Politik und kann daher schwer behaupten, die Forschung hinke hinterher, wenn ich nur die Ergebnisse aus der politischen Sphäre zu Gesicht/zu spüren bekomme.
Vielleicht ist es, ähnlich wie bei der schwierigen und intensiv herausfordernden Pandemie-Zeit für die Virologie, auch einfach oft ein Kommunikationsproblem zwischen Medien/Wissenschaftlern/Öffentlichkeit. Ein Beispiel:
Wenn der SPIEGEL zwei Interviews mit Ökonomen führt zum Thema Schuldenbremse, kann ich mir relativ sicher sein, dass der eine auf Nachfrage der Politik empfiehlt, sie sofort abzuschaffen, und der andere sich wiederum gegenteilig äußert. (Weswegen auch diese Links-Rechts-Schubladen entstehen.) Das ist für den interessierten Laien recht frustrierend.
Bei idowa.de ein sehr interessantes Interview mit Reinhard Erös. Leider nur für Abonnenten lesbar. Hab drei interessante Fragen und seine Antworten mal kopiert.
Reinhard Erös unterhält enge Kontakte nach Afghanistan, er tauscht sich regelmäßig mit seinen dortigen Mitarbeitern, aber auch mit ranghohen Vertretern der Taliban aus - bis hin zum Gesundheitsminister. Der Flug mit 28 afghanischen Straftätern, die Deutschland verlassen mussten und je 1.000 Euro Handgeld erhielten, sei vor Ort ein riesiges Gesprächs- und Medienthema, berichtet Erös.
Mit seiner Frau Annette betreibt der Mintrachinger seit 1998 die Kinderhilfe Afghanistan, die in den Ostprovinzen humanitäre Hilfe und Wiederaufbauhilfe leistet. Im Interview mit unserer Redaktion äußert sich Reinhard Erös zur Lage in Afghanistan und zur Frage, ob Menschen, die aus diesem Land geflohen sind, einen Asylgrund haben.
Herr Erös, welche Reaktionen hat der Flug mit abgeschobenen Straftätern in Afghanistan ausgelöst?
Reinhard Erös: Die Taliban selber, also die Kommandeure in Kandahar und Kabul und die Gouverneure in den Provinzen, haben sich dazu bisher nicht geäußert. In den Medien wurde das Ganze belächelt. Und in der Bevölkerung haben sich die Leute totgelacht über die deutsche Politik. Sie lachen sich darüber kaputt, dass Verbrecher, Vergewaltiger und sogar ein Mörder, dass die nicht nur freigelassen werden, sondern auch noch ein Handgeld von 1.000 Euro kriegen. Das ist in Afghanistan ein Jahresgehalt. Die Hälfte der Bevölkerung hat gar keinen Job, die verdienen nichts oder sind Tagelöhner. Und in Deutschland werden Verbrecher, die Kinder vergewaltigt oder umgebracht haben, in einem Edelflieger von Qatar Airlines - ohne Polizeibegleitung, nur in Begleitung eines guten Arztes, der aufpasst, dass ihnen unterwegs nichts passiert - ausgeflogen und bekommen 1.000 Euro. Das kapiert in Afghanistan kein Mensch. Diese 1.000 Euro sind ihnen mit ziemlicher Sicherheit ohnehin schon weggenommen worden, die Taliban werden ihnen das Geld nicht lassen, das kann ich mir nicht vorstellen.
In Deutschland kann Asyl beantragen, wer politisch verfolgt wird. Hat ein Afghane - Ihrer Meinung nach - einen Asylgrund?
Erös: Wer soll denn in Afghanistan politisch verfolgt werden? Es gibt dort ja, wie gesagt, keine politische Opposition. 90 Prozent der Afghanen, die zu uns kommen, sind keine armen Familien, Frauen, Kinder. Das sind junge Männer, die halt ein schöneres Leben haben wollen, einen schönen Beruf. Sobald sie ankommen, werden sie bei uns versorgt, untergebracht, gehen in Integrationslehrgänge, lernen die deutsche Sprache, kriegen einen Job. Sie kommen aus wirtschaftlichen Gründen. Doch nicht, weil sie verfolgt würden. In Syrien mag das anders sein, dort gibt es eine Opposition gegen Assad. In der Ukraine sowieso. Aber nicht bei den Afghanen.
Sie sehen also keinen Asylgrund?
Erös: Noch mal: Das sind fast alles junge Männer. Diese jungen Männer würde ich alle sofort wieder zurückschicken.
@anon49020724: Diesen Interviewauszug kann man doch mal so stehenlassen, ohne gleich Schnappatmung zu bekommen. Es sind die Eindrücke eines Insiders, nicht mehr und nicht weniger. Kein Evangelium, keine Schmähschrift. Ein Mosaiksteinchen in einem sehr komplizierten Puzzle. Was die deutsche Afghanistan-Politik insgesamt anbelangt, ist da viel guter Wille investiert worden, aber sie war letztlich leider nicht von Erfolg gekrönt. Da können kritische Töne nicht ausbleiben. Das Nichtvorhandensein einer Opposition ist allerdings nicht zwingend ein Beweis dafür, dass es keine Asylgründe gibt. Für mich deutet es zunächst auf ein erhebliches Maß an Unterdrückung hin, und dafür sind die Taliban ja auch bekannt. Insofern bleiben offene Fragen. Wer diesen immerhin diskutablen Ansatz hier reinstellt, das ist zweitrangig.
Hmm, wenn von den Taliban doch so gar keine politische Verfolgung ausgeht:
Dann wäre ja auch nichts einzuwenden, wenn die dann auch hierzulande Geschäftsstellen und Ortsvereine aufmachen, oder?
Ganz konkrete Anlaufstellen. Lebenshilfe für, nun ja, verunsicherte Männer, um mit diesen aufmüpfig-emanzipierten Frauen, hüstel, besser fertig zu werden…
Angesichts der durchaus nicht eindeutigen Aussagen verschiedenster Politiker, Migrationsforscher, ehemaliger Richter des Bundesverfassungsgerichts etc. zum Thema Migration und zum Thema Maßnahmen zur Eindämmung wäre es mMn wichtig und aus Respekt vor dem Wähler auch längst geboten, mal alle Karten offen auf den Tisch zu legen.
Wir haben es hier mMn mit einer klassischen Dreiteilung zu tun:
Was dürfen wir machen?
Was können wir machen?
Was wollen wir machen?
also genauer gesagt:
Was ist in Einklang mit dem Grundgesetz, mit EU-Recht und anderen gesetzlichen Verpflichtungen? Was müsste ggf. geändert werden und wäre so eine Änderung überhaupt rechtlich durchsetzbar?
Was ist umsetzbar? Reichen die Kapazitäten bei Behörden dazu?
Welche Schritte sind für die einzelnen Parteien vertretbar?
Ich habe nämlich das Gefühl, dass so ziemlich alle Akteure in diesem Spiel nicht mit offenen Karten spielen und dass die Option „Was dürfen wir?“ eigentlich von allen so hingebogen wird, wie es ins eigene Konzept passt.
Ich habe kein Problem damit, wenn eine Partei sagt: „Diese Maßnahme wäre zwar rechtlich möglich, aber sie entspricht nicht unserem politischen Willen und deswegen werden wir nicht zustimmen!“
Ich finde es allerdings unredlich, wenn behauptet wird, dass eine Maßnahme rein rechtlich nicht umsetzbar ist, diese Aussage aber nicht auf einem juristisch klar festgelegten Beschluss fußt.
Genauso unredlich ist es natürlich, Forderungen zu stellen, von denen man selber schon im Vornherein weiß, dass man sie nicht umsetzen wird.
Ohne Ehrlichkeit dürfte es schwer werden, Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen, das in nicht geringer Anzahl in letzter Zeit ziemlich verloren gegangen ist.
Denn eines dürfte jedem klar sein: wenn der Wähler das Gefühl hat, dass man sowieso von allen Seiten belogen wird, dann ist der Weg zu den Parteien, die einem Lösungen versprechen, die einem sympathisch erscheinen, automatisch „kürzer“ und wird von immer mehr Leuten beschritten werden.
juckt ja Lindner & Söder nicht… ach moment - wenn es um die Schuldenbremse geht, führt Lindner genau das Grundgesetz etc. als HIndernis an…
also ja - wie so oft im Leben wäre „ehrlich machen“ mal eine sinnvolle Alternative - wird aber nicht passieren!
Merz und seine Schergen stellen weiterhin vollkommen abstruse Forderung in dem Wissen, dass sie niemals erfüllbar sein werden - aber dann kann man ja sagen: bäh, die Ampel will nicht!
Österreich hat sich ja auch schon gemeldet und sagt ganz lapidar: wir nehmen nix zurück was ihr uns schickt… (bewusst polemisch formuliert)
tja - die Populisten (und da zählen die Union und FDP mittlerweile sicherlich hinzu) sind drauf und dran, die EU zu zerreißen - herzlichen Glückwunsch!
aber hauptsache, man muss sich nicht um Integration kümmern oder den Menschen erklären, das wir NIEMALS die Migrationsströme umlenken oder gar aufhalten können - man schaue mal in die USA…
und so verschenken wir weiter massig Zeit und Energie und am Ende heulen alle, weils den Bach runter geht → siehe Verbrenner/VW oder erneuerbare Energien…
aber dann wieder auf die Ampel schimpfen, weil sie die Wirtschaft oder das Land oder das Universum an die Wand fahren…
Und warum „erscheinen sie einem sympathisch“? Weil sie pausenlos propagiert werden.
Es gibt aber eben auch unbequeme Wahrheiten. Die Grünen sind seit langem dafür bekannt, solche auszusprechen - und ihre Wahlchancen auch damit zu schwächen. Das muss man nicht glorifizieren. „Einfach mal mit dem Lügen aufhören“: eine solche Parole wirkt doch ein wenig sehr vereinfachend und hat auch keinen ansprechenden Sound, da sie dauernd von rechtsaußen skandiert wird.
Weil es gerade passt und weil ich es schon lange posten wollte:
Antworten auf viele Fragen in diesem Thread (Wahlergebnisse Thüringen, Solingen, Migration und Schuldenbremse) gibt es immer bei der Lage der Nation, ein, wie ich finde, sehr guter Podcast. Hier die letzte normale Folge, in der genau diese Themen sehr gut und fundiert aufbereitet werden. Mit dabei Soziologe Steffen Mau, der sich ausgiebig mit den Wahlen im Osten beschäftigt hat.
Mir ist die Zielrichtung auch etwas zu eindimensional.
Ganz offensichtlich gibt es zwei Optionen, warum die Politik - parteiübergreifend - es nicht für angemessen oder wünschenswert hält, dem Wähler/der Wählerin absolut reinen Wein einzuschenken, und sich stattdessen Populismen oder Vereinfachungen hingibt bzw. auch die wahre Natur einer Problematik verschweigt und nach hinten schiebt.
Option eins wäre, man hält die Wählerschaft für zu dumm, um mit einer entsprechenden Information umzugehen.
Option zwei wäre, man hält die Wählerschaft für zu wenig resilient, um die - meist unerfreuliche - Wahrheit konstruktiv zu verarbeiten (ich formuliere das bewusst schwammig, weil sich das in viele Richtungen ausprägen kann: Wahl einer radikalen Partei ist ein Ausdruck davon. Rückzug in das Private, Depression, Narzissmus sind weitere.)
Meine persönliche Meinung ist:
Beide Optionen sind zumindest in Maßen verständlich (wenngleich natürlich deswegen nicht korrekt in der Umsetzung).
Wenn ich als Wähler die Klimaproblematik nicht entsprechend würdige, heißt das beispielhaft nämlich schon, dass ich mich auch selbst belüge. Wie bewusst das geschieht, mag jeder mit sich ausmachen. Und ich will auch keineswegs die Verantwortung für kluge Politik auf das einzelne Individuum umlegen. Ganz im Gegenteil:
Ich stelle bei mir selbst fest, dass ich mir mit der Umsetzung dessen, was ich über all unsere gesellschaftlichen Probleme weiß, durchaus schwer tue. Daher wäre ich der Politik äußerst dankbar, würde sie mich mehr oder weniger dahin drängen, mein Leben anzupassen. Aber auch ich dränge wesentliche Aspekte dessen zurück, was auf uns in der Zukunft wartet. Weil ich ein gewisses Alter habe und keine Kinder (zumindest keine, die mich statistisch überleben werden) habe, fällt das sogar noch leichter.
Als persönliches Fazit muss ich daher schon sagen:
Als Politiker kann ich mir sowas wie Wählerbeschimpfung nicht leisten. Aber ich als Wähler darf mir schon erlauben, dass die momentanen Umfragen/Ergebnisse auch nicht gerade dafürsprechen, dass wesentlich Teile der Wählerschaft groß darin sind, Wahrheiten zu akzeptieren - oder anders formuliert:
Viele lügen sich sehr gerne selbst in die Tasche.
@anon49020724:
ich kann deine Kritik an „Merz und seinen Schergen“ in gewissem Sinne nachvollziehen.
Den Preis für die abstruseste Forderung in dieser ganzen Angelegenheit hat aber mMn in diesem Jahr bisher nicht die Union sondern unsere Innenministerin verdient, die Ende Juni (also noch vor Solingen) vollmundig verkündete, dass sie künftig Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft wenn möglich abschieben möchte, wenn sie antisemitische Inhalte in sozialen Medien durch Kommentare gutheißen oder auch „nur“ liken. Dieser Entwurf wurde von den Koalitionspartnern mitgetragen.
Ein nicht ganz so regierungsfreundlicher Kommentar dazu steht in der taz.
Abschiebungen wegen Hass im Netz: Wer Terror feiert, soll raus - taz.de
Jetzt kann man über die Motivation von Frau Faeser gerne diskutieren und in ihren Kopf können wir ohnehin nicht schauen. Für mich war das aber einfach nur eine dreiste Täuschung, um Härte zu demonstrieren, die man aber nie anwenden wird. Dass man hier nicht mehr Widerspruch von den Grünen gehört hat, lässt mich vermuten, dass das ein abgekartetes Spiel war. Eine Partei wie die Grünen, die sich ohnehin schwer mit Abschiebungen tut und die Personen zu Ministern ernennt, die es für nicht geboten halten, Organisationen, die zum Boykott israelischer Geschäfte auffordern, als antisemitisch einzustufen und hier noch mit Grauzonen argumentieren (Frau Paus hat zusammen mit einer Gruppe um Jürgen Trittin noch zu Zeiten der großen Koalition im Bundestag dagegen gestimmt), würde mMn einem Entwurf wie dem von Frau Faeser nie zustimmen, wenn sie nicht wüssten, dass das nur „Viel Lärm um nichts“ ist und in keinster Weise als realistische Option in Betracht gezogen werden dürfte.
Somit würde ich auch die Behauptung von @jep bezüglich der größeren Glaubwürdigkeit der Grünen etwas relativieren. Es mag sein, dass von Seiten der Grünen etwas mehr unbequeme Wahrheiten angesprochen werden. Wenn es darum geht, eigene Ideologien durchzusetzen, schreckt man aber dort auch nicht unbedingt vor mMn unlauteren Mitteln zurück (siehe Habeck beim Atomausstieg oder Baerbock bei der Ausstellung von Visa für Afghanen).
Echt? So lange es Regierungen gibt, wird ihnen vorgeworfen, dass sie lügen und oft genug stimmen diese Vorwürfe auch. Das war schon lange vor Zeiten der Frankfurter Paulskirche 1848, als erstmals in der deutschen Politik die Begriffe „links“ und „rechts“ geprägt wurden, so, ist also definitiv kein „rechtes“ Problem.
Natürlich wird von Rechtsaußen-Seite den anderen Parteien permanentes Lügen vorgeworfen. Genauso wird aber auch von allen anderen Parteien immer wieder der gleiche Vorwurf benutzt in jegliche politische Richtung und zwar quer über unseren Planeten.
Wenn man dem Wähler die Wahrheit nicht mehr zumuten kann oder will, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn der Wähler nicht das macht, was man von ihm möchte.
Und da müsste man dann konsequenterweise irgendwann sogar mal das Prinzip der Demokratie in Frage stellen, oder @cheffe ?
Wenn ein System nur funktionieren kann, wenn man bewusst die Unwahrheit erzählt, weil die Wähler entweder zu dumm sind oder zu wenig resilient, mit unerfreulichen Dingen umzugehen, dann kann man doch gleich darauf verzichten, Mehrheiten durch Wahlen zu gewinnen und sagen: „Solange nicht der Großteil der Bevölkerung schlauer wird oder widerstandsfähiger, sparen wir uns das Getue und bleiben erst einmal an der Macht.“
Das kann sicherlich nicht in unserem Sinne sein, oder?
Natürlich nicht. Das habe ich selbstverständlich auch nicht gefordert oder befürwortet. Mir gefällt nur die Gewichtung nicht mit der Nähe zu all den populistischen Vorwürfen an „etablierte“ Parteien und Medien, permanent „das Volk zu belügen“. Das heißt selbstredend nicht, es wäre okay zu lügen.
passt ja gerade ganz „wunderbar“
Letzteres hat doch auch niemand gesagt. Du hast doch das Thema angeschnitten, daraufhin haben @jep und ich relativiert und hielten den Vorwurf für etwas zu schlicht oder eindimensional. Nicht für unwahr oder komplett falsch.
Sieh mal, das sollten wir eben nicht tun. @anon49020724 ledert gegen die Union, du wiederum konterst mit „aber die Faeser ist doch viel schlimmer“, und die Paus ist sowieso ne Radikale bei den Linken. Ergebnis: wieder gehen die demokratischen Jungs aufeinander los. Streit allenthalben, und der AfD-Typ von nebenan freut sich, weil von dem eh keiner was erwartet - nicht mal die Wahrheit zu sagen.
Ich korrigiere das ungern, aber möchte trotzdem anmerken, dass ich das Wort Ideologie im Zusammenhang mit Regierungshandeln bei den Grünen wirklich ungern höre. Du kannst gerne mal einen Basis-Grünen fragen, wie er die Zeit in der Ampel ideologisch beurteilt. Und unlautere Mittel ist ein sehr dehnbarer Begriff. Unpräzise obendrein, solange du ihn nicht ausführst.
Hoppla!
Da hast du meinen Post aber ganz schön missverstanden. Ich gehe keinesfalls davon aus, dass man dem Wähler die Wahrheit nicht mehr zumuten soll - ich habe nur versucht zu verstehen, warum die Politik womöglich so handelt, wie du es unterstellt hast.
Außerdem ist deine Folgerung falsch: Grade indem ich dem Wähler die Wahrheit vorenthielte, sollte er so agieren, wie ich es bevorzugen würde. Also müsste man sich gerade dann wundern.
Und ich weiß ja nicht, wie genau du das Prinzip der Demokratie definieren würdest, aber ich bin halt etwas skeptischer, was die Weisheit des Wählerwillens angeht. Deswegen bin ich aber nicht weniger Demokrat. Ich find’s angesichts des Wahlvolkes nur recht beruhigend, dass es sich bei Deutschland um eine repräsentative Demokratie handelt.
Und was die (vermeintlichen) Mehrheiten betrifft:
Mir wären Politiker, die versuchen, eine Mehrheit argumentativ zu überzeugen, immer lieber als diejenigen, die der (vermeintlichen) Mehrheit hinterherlaufen.
Habecks geheime Atom-Akten: Wie grüne Ideologen unsere Energiepolitik bestimmen - FOCUS online
Unrechtmäßige Visavergabe: Ermittlungen gegen Baerbock-Ministerium - FOCUS online
In beiden Fällen erscheint mir die Verhaltensweise von Ministerien, die von Grünen geleitet werden, nicht ganz koscher. Und hier geht es um Atomausstieg (bzw. Verlängerung der Laufzeiten in einer extremen Energiekrise) und um Migration, also zwei Themen, die für die Grünen von enormer Bedeutung sind, auch wenn die Minister sie aus pragmatischen Gründen anders umsetzen mussten bzw. müssen, wie sich das manches Basis-Mitglied wünschen würde.
und genau das haben Demokraten immer schon gemacht und parteiübergreifend hat man sich früher ganz andere Sachen an den Kopf geschmissen. Das Ergebnis war eine stabile Demokratie. Irgendwann hat man vor lauter Harmonie und Kooperation damit angefangen, einen politischen Einheitsbrei zu schaffen und das war mMn der Anfang vom Erstarken der extremen Ränder.
Demokratie hat mMn funktioniert, wenn sich die Parteien gegenseitig kritisiert haben und dabei auch manchmal die Fetzen flogen. Wenn es jetzt nicht mehr funktioniert, die Radikalen zu distanzieren, dann liegt das mMn am wenigsten daran, dass sich die etablierten Parteien nach Jahren des gegenseitigen Kuschelkurses wieder in den Haaren liegen.
Schön wäre es, wenn man sich auf Politikerseite daran erinnern würde, dass man als Regierung immer das ganze Volk repräsentiert und nicht nur den Teil, der einen gewählt hat.
Ob meine Annahme falsch ist? Den Spruch: „Wer einmal (in dem Fall hier mMn mehrfach) lügt, dem glaubt man nicht…“ lernt man schon kleinen Kindern.
@jep und @cheffe
Natürlich hab ich eure Posts schon so verstanden, dass ihr nicht zum Ausdruck bringen wolltet, dass jede Lüge im politischen Bereich völlig in Ordnung wäre.
Ich war nur etwas erstaunt darüber, dass ihr in meinen Augen so relativierend damit umgegangen seid.
Die Rechtspopulisten werfen den etablierten Parteien permanent vor das Volk zu belügen ist definitiv eine richtige Aussage.
Dass man dem Volk nicht jede Wahrheit zumuten kann oder möchte ist ebenfalls etwas, was sich durch die Geschichte der Demokratie zieht wie ein roter Faden.
Das habe ich aufgegriffen und etwas überspitzt formuliert.
Meine Schlussfolgerung kann aber nur lauten:
In einer Zeit, in der es immer schwieriger wird, Wahrheiten und Lügen voneinander zu unterscheiden, sollte man sich als Politiker noch mehr darum bemühen, sich nicht um Wahrheiten zu drücken.