Der Politik- und Gesellschafts-Thread (Teil 1)

Also für Leute aus meiner Generation ist das Gendern mühselig, aus nachvollziehbaren Gründen. Ich selbst gendere daher auch nur, wenn ich mich in einem Umfeld bewege, wo darauf Wert gelegt wird. Dann aber mache ich’s gerne, weil es zweifellos inkludiert.
Und um ein Thema von vorhin miteinzuschließen:
wenn ich mich ab und an schäme, ein Mann zu sein, dann sicher nicht aus Gründen eines moralischen Elite-Gedankens. Das hat einfach mit meiner psycho-genetischen Disposition zu tun, vermute ich, und ist in keinster Weise etwas, wofür ich mir auf die Schulter klopfe.

In den genannten Beispiel-Fällen wäre ich ja froh, wenn alle Menschen so agieren würden, dass es inklusiv wirkt, und einander zugewandt.
Übrigens ist es ja eigentlich nicht schlimm, bei diesen Bemühungen Fehler zu machen. Wenn ich selbst einen begehe und unbeabsichtigt jemanden beleidige oder herabsetze, würde ich auch hoffen, nicht sogleich abgestempelt zu werden, sondern die Gelegenheit zu bekommen, hinzuzulernen.

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Ein solcher Kodex kann es mit sich bringen, dass verschiedene Medien ihn im Einzelfall unterschiedlich anwenden (weil sie die Frage, ob die Nationalität genannt werden muss, unterschiedlich beantworten) - worüber man dann streiten kann.

Damit, dass es solche Fälle geben kann, hat der Kodex sich bereits von der Realität abgekoppelt?

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Ich bin gerade etwas verwirrt. Es ging doch nicht um irgendwelche Straftaten in den vorhergehenden Beiträgen. Der „Meckerer“ hat ja auch keine Straftat begangen und die positive Reaktion des türkischen Jungen war ja entscheidend in der Aussage.

Außerdem ist der Link ebenfalls verwirrend. In dem vorgestellten Vorfall von Markwort kann doch die Nationalität nicht genannt werden, da nur das Aussehen der Täter bekannt ist. So gesehen müsste der frühere Bürgermeister Christian Ude ggf. auch als türkischer Staatsbürger angesehen werden. Er hat seinen Schnauzer übrigens nach dem Urlaub in Istanbul sich zugelegt.

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Daher sollte man eben nicht darauf bestehen.
Gendern möchte ja als inklusive Sprache gelten. Tatsächlich schließt diese Verkomplizierung der Sprache eher Menschen aus, nämlich jene mit Rechtschreib-/Leseschwäche. Für die hat man ja extra Texte in leichter Sprache geschaffen - wie etwa in der Taz oder im ARD-Videotext (Ab Seite 870).
Das generische Maskulinum hat sich seit langer Zeit bewährt. Wenn ein TV-Moderator „liebe Zuschauer“ sagt, ist klar, dass m/w/d gemeint sind.

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Verstehen Sie Spaß? Oder Satire / Parodie oder einfach nur gefährlich?

Ist natürlich Wasser auf die Mühlen all derer die die aktuelle Regierung eh nicht ausstehen können!
Als Regierung oder als dementsprechender Minister sollte man die Souveränität besitzen solchen Dingen nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken

Das Thema, wird ja auch nur von der Partei hochgehalten, welche außer diesem Thema, als Kernthemen die Bekämpfung der Migration und dem Leugnen des Klimawandels auf dem Programm hat. Leider lassen sich führende Unions-Politiker vor deren Karren spannen und halten dieses Thema fortwährend am Leben.

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Das stimmt ja so nicht.

Sorry, ich wollte für keine Verwirrung sorgen. Ich habe nur euren Austausch über den Sinn und Unsinn des Nennens von Nationalitäten anhand eines konkreten Beispiels als Anlass genommen, um diese Frage auf das Thema Nennung der Nationalität bei Straftaten auszuweiten.
Das ist nämlich mMn ein Feld, das sich gut für Diskussionen eignet.
Im von Markwort angesprochenen Fall hast du bzgl. der Nationalität natürlich Recht, da die Täter ja zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht verhaftet waren und man somit keine Nationalität angeben konnte. Aber warum das nahöstliche bzw. nordafrikanische Aussehen aus dem Polizeibericht verschweigen, wenn es bei einem Bericht nicht nur darum geht, dass man über eine Straftat informieren möchte sondern im Bericht auch noch vorkommt, dass die Polizei dankbar für Zeugenaussagen wäre.
Gesetzt den Fall ein Dunkelhäutiger würde eine Bank überfallen und wäre flüchtig, dann müsste doch in einem Artikel darüber diese Information bzgl. des Täters auch erwähnt werden um die Wahrscheinlichkeit einer Festnahme zu erhöhen. Dass es sich dabei ohne weiteres auch um einen deutschen Staatsbürger handeln kann, ist doch selbstverständlich.

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Ist das denn die Aufgabe eines Artikels?
Würde ein gutes Erkennungsmerkmal in einem Fahndungsaufruf weggelassen, könnte ich die Kritik verstehen. Aber so?

Diskussionswürdige Einzelfälle wird es immer wieder geben und kein Kodex der Welt ist davor sicher.
Die Motivation auf die Nennung von Herkunft zu verzichten, um Stigmatisierung bzw. Pauschalverdacht zu verhindern, ist durchaus nachvollziehbar. Die Realität sieht allerdings mittlerweile so aus, dass bei jeder Nichtnennung der Nationalität in rechtspopulistischen Kreisen „spekuliert“ wird, dass es sich dann auf jeden Fall um einen Fall von Ausländerkriminalität handelt, der verschwiegen werden soll.

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Was willst du mir jetzt damit sagen? Die Grünen gendern in ihrem Wahlprogramm? Das mag schon sein. Eventuell um alle Menschen, die sie erreichen wollen, anzusprechen. Können Sie doch gerne tun, andere Parteien gendern in ihrem Wahlprogramm nicht. Können Sie auch gerne tun, vielleicht wollen diese Parteien manche Teile gar nicht erreichen. Kann ich aber nicht abschließend beurteilen, ist nur eine Vermutung.

Das Thema war jedoch. Die AfD und Teile konservativer Trittbrettfahrer, thematisieren das Gendern eigentlich durchgängig. Von den Grünen höre ich da nichts. Aber ich denke mal, worauf ich hinauswollte, hattest du auch vorher schon verstanden, oder?

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Wir sollten uns vielleicht auch nicht ständig nach den Vorurteilen anderer richten, denn das Spiel gewinnt man eh nicht.

Erst wird die Hautfarbe angezweifelt, dann der Migrationshintergrund („Passdeutscher“, würde Stürzi sagen, „ihr verheimlicht uns bestimmt was!“), dann die Blutlinie bis ins 18. Jahrhundert…

Am Ende würde es heissen: „Der Täter ist Deutscher, und auch seine beiden Eltern sind hier gebürtig.“, und die Hetzer würden antworten: „die dritte Generation ist immer die schlimmste! Abschieben!“

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Meiner Meinung nach ist es bei einem Artikel im Lokalbereich, in dem über ein unaufgeklärtes Verbrechen gesprochen wird, üblich, den Satz „Die Polizei bittet um sachdienliche Hinweise“ einzubauen.
Im von Markwort zitierten Artikel der SZ fehlt dieser Zusatz.
München: Jugendliche im Englischen Garten überfallen - München - SZ.de (sueddeutsche.de)
Somit kann man durchaus argumentieren, dass man Infos über Aussehen der Täter weglassen kann, weil der Autor nur informieren wollte.
Die tz berichtet folgendermaßen:
München: Raubüberfälle im Englischen Garten - Polizei sucht Zeugen
Bei einem anderen Raubüberfall in der jüngeren Vergangenheit weist die SZ dann aber schon wieder darauf hin, dass die Polizei Zeugen sucht.
München: Schwerer Raubüberfall in U-Bahnhof Böhmerwaldplatz in Bogenhausen - München - SZ.de (sueddeutsche.de)

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Ist das deiner Meinung nach so?
Mir ist nicht ganz klar, in welcher Konstellation jetzt ein/e Beobachter/in dieser Situation erst noch einen Hinweis auf Hautfarben oder Nationalitäten braucht, um sich zu erinnern, dass er/sie gesehen hat, wie jemand ausgeraubt wurde. Da geht es allein um die Befriedigung eines Vorurteils eines / einer Dritten.

Okay, Herr Markwort meint also, bei der SZ ideologische Gründe für das Verschweigen von Tätermerkmalen erkannt zu haben, und um diese These zu verifizieren oder falsifizieren, steigen wir nun in die vergleichende Textanalyse ein.

Achtung, jetzt kommt Whataboutismus! Um uns ein Bild von der Relevanz des Ganzen zu machen, sollten wir noch Folgendes mit ins Auge fassen: im Frühjahr dieses Jahres wurden drei Klimakleber*innen in Hamburg festgenommen und kamen für einige Tage in U-Haft. Die BILD berichtete prompt und erhellend, mit Fotos, vollständigen Namen und Altersangabe (es waren übrigens „Biodeutsche“). Ein Vorgehen, das absolut unüblich ist - aber bei „Klimaterroristen“ kann man schon mal eine Ausnahme machen, oder?

Woher hat das Blatt die Infos? Von der Polizei, so darf vermutet werden. Ob die das eigenmächtig macht? Fraglich. Wem ist die Polizei unterstellt? Der Staatsanwaltschaft, die wiederum den jeweiligen Innenministern.

Meine These: es bestand zumindest in diesem Fall ein - möglicherweise politisches - Interesse, diese Leute an den Pranger zu stellen.

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Diese Nachricht triggert mich seit gestern und ich antworte jetzt doch :wink:

Wenn du LRS ins Feld führst, musst du ganz dringend eine Unterscheidung zwischen Schwäche und Störung vornehmen.
Zusätzlich ist nach ICD10 ausgeschlossen, dass eine Intelligenzminderung vorliegt. Soll heißen, dass leichte Sprache daher bei LRS nicht ausschlaggebend ist, wenn sie auch hilfreich sein kann, aber eben nicht die ganze Zeit, weil du dann eben sprachlich überhaupt nicht förderst.
Und gerade die leichte Sprach erfordert eine Explizitheit. Es ist eben sinnvoll von „Spieler und Spielerinnen“ zu sprechen bzw. zu schreiben, wenn man beide Geschlechter meint.

Die Frage nach gendergerechten Sprache ist übrigens immer auch kontextabhängig. @cheffe hat ja sehr schön ausgeführt, dass er in gewissen Kreisen darauf nicht verzichten kann, dann aber wieder eher nicht so darauf achtet.

Hier im Forum würde auch niemand auf die Idee kommen zu schreiben: „die Spieler*innen des FC Bayern sind die besten Fußballer:innen der Welt.“, außer man meint explizit die Männer- und Frauenbundesliga.

Das Problem, und so lese ich zumindest auch deinen Beitrag, liegt v.a. darin, dass Sprachgebrauch ein Gefühl ist. Wir alle nutzen Sprache und haben hierbei ein Habitus, den zu ändern nicht einfach ist. Aus der Lernpsychologie weiß man, dass als „sicher“ gespeicherte Inhalte nur sehr schwer umgelernt werden können.

Ich möchte gerne die Diskussion um das Gendern mit einer Analogie aufzeigen. Wenn wir hier im Forum eine Umfrage machen würden, wer kochen kann, würden sich wohl sehr viele melden. Wir könnten hier auch ewig darüber diskutieren, ob ein Rührei bereits aufgeschlagen in die Pfanne kommt, oder erst in der Pfanne umgerührt wird. (Oh Mann, mir fehlt sogar das richtige Vokabular für Rühreier :face_with_hand_over_mouth:, aber ihr wisst sicher, was ich meine). Wenn aber die Frage aufkommt, wer sein Geld als Koch verdienen könnte, wäre die Zahl derer schon sehr viel geringer.

Ebenso ist jede Diskussion um Schule und das wird @willythegreat bestätigen können auch immer sehr anstrengend, weil jeder von uns in der Schule war und eine Meinung hat, aber die wenigsten wären in der Lage eine wirklich sinnvolle Schulstunde vorzubereiten (nein, ich meine nicht die Unterrichtsstunden, die wir auch alle erlebt haben: Buch auf S.x aufschlagen und jeder arbeitet für sich …)

Nun ist eben der Sprachgebrauch, wozu das Gendern fällt, auch so eine Sache. Alle können mitdiskutieren, aber man dreht sich zumeist im Kreis. V.a. in der Diskussion wird niemand die Meinung ändern. Bei mir persönlich hat das Jahre gedauert, bis ich den Sinn verstanden haben.
Ich weiß nicht, ob wir Linguisten unter uns haben, aber ich denke, dass erst dann wirkliche Argumente ausgetauscht werden können. Bis dahin ist das nur ein für oder wider auf Gefühlsbasis.

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Damit will ich dir sagen, dass deine Aussage falsch ist.
Bin auch etwas überrascht, dass du zu dem Thema von den Grünen nichts hörst.
Ich hab doch extra noch zwei Artikel verlinkt, die belegen, dass die Grünen die Gendersprache im öffentlichen Dienst und in Gesetzestexten verbindlich einführen wollen.
Die halten das Thema ganz ordentlich hoch.

Uff. Das sehe ich komplett anders. Gerade wenn du als Polizei auf weitere Hinweise hoffst, müssen diese ohne Vorinformationen passieren, denn sonst bekommst du ja nur Infos, die genau in diese Richtung gehen. Wenn jemand was gesehen hat, aber meint gegenteilige Merkmale gesehen zu haben, denkt er womöglich noch, dass er sich lieber nicht meldet oder behauptet sogar noch genau das beobachtet zu haben, obwohl es nicht stimmt.
Daher gerade bei solchen Sachen so neutral wie möglich formulieren. Die SZ kann gerne kritisch hinterfragt werden, aber in dem Fall gehe ich voll und ganz mit der SZ mit.

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Aber sie diskutieren nicht tagein und tagaus darüber! Und darum geht es.

Feuerbach hat als Atheist auch ständig über Gott diskutiert. Warum, wenn er nicht an ihn geglaubt hat? So ist das auch mit der AFD und Gendern sowie Tausend andere Themen, bei denen sie einfach keine Argumente haben. Quantität wird niemals über die Qualität entscheiden können.

Edit:
Über meinen letzten Satz habe ich gerade nochmal nachgedacht und möchte mich etwas korrigieren.

Quantität sollte niemals über Qualität entscheiden können. Wir erleben ja gerade in Teilen, dass immer wieder vorgebrachte Argumente, so falsch sie auch sind, sogar über Fakten stehen, weil die schiere Menge wirkt.