Der gescheiterte DFL-Deal: Ein Kommentar

… that’s the plan. :slightly_smiling_face:

Ich lese gerade, dass die „Indian Premier League“ (IPL), die wichtigste Cricket-Liga Indiens, laut Brand Finance einen Markenwert von $10.9 Mrd. haben soll, was ganz erstaunlich wäre. Die Übertragungsrechte für die Spielzeiten 2023 bis 2027 sind für $6.4 Mrd. verkauft worden, was ebenfalls sehr erheblich ist (zum Vergleich: Bundesliga 21/22 bis 24/25 €4.4 Mrd.). Erst im Herbst 2021 ist die IPL mit den „Gujarat Titans“ und den „Lucknow SuperGiants“ um zwei neue Franchises erweitert worden, für die in Auktionen $700 Mio. und $900 Mio. bezahlt wurden. Das Finale der IPL am 29. Mai, also erst vor ein paar Tagen, zwischen den „Gujarat Titans“ und den „Chennai Super Kings“ haben im Maximum 32 Millionen Leute parallel im Live-Stream verfolgt, was der neue Rekord an gleichzeitigen Live-Zuschauern für ein indisches Online-Streaming-Event war. Die Chennai Super Kings haben das Finale übrigens gegen den Vorjahressieger Gujarat Titans für sich entscheiden können und sind mit inzwischen fünf Meisterschaften geteilter IPL-Rekordhalter seit der Gründung der Liga im Jahr 2008.

All diese Zahlen hier sind Rekorde und die IPL erfährt seit Jahren ein raketenartiges Wachstum. Wenn man sich nun vor Augen führt, dass das Land im Prinzip noch zu großen Teilen bettelarm und technisch rückständig ist und trotzdem Wettbewerbe wie die IPL bereits heute Milliarden Dollar erlösen und von Jahr zu Jahr rasante Wertsteigerungen erfahren, dann kann man sich ungefähr vorstellen, warum europäische Fußballbusiness-Strategen ganz zittrig werden ob der Vorstellung, dass sich eines Tages auch nur ein Bruchteil der Begeisterung für Cricket in dem Land auf ihren Fußball überträgt und warum sie daher ganz dringend eine Expansion nach Asien vorantreiben wollen.

Testfrage für alle, die bis hierhin mitgelesen haben: Wer steht den Gujarat Titans oder den Chennai Super Kings nicht jetzt schon unwillkürlich ein wenig positiv voreingenommen gegenüber? That’s the attractiveness of success.

@Gut_Kick: Danke für Deinen ganz hervorragenden, sehr überzeugend argumentierten Beitrag.

Du bringst es auf den Punkt. Das ist die Wette. Sind die Vermarktungsbemühungen allerdings erfolgreich, profitieren alle davon. A rising tide tight lifts all boats.

Ja, allerdings stünde ein Dasein als Ausbildungsvereine in einem logischen Widerspruch zum expliziten Ziel hinter der Vermarktungspartnerschaft, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Vereine zu stärken. Man kann nicht gleichzeitig junge Spieler für stärkere Vereine oder Ligen ausbilden und mit diesen Vereinen oder Ligen auf Augenhöhe konkurrieren. Die Aussage, dass eine Liga mit vielen interessanten Talenten für Zuschauer reizvoll wäre, ist unbeschadet davon richtig oder falsch. Ich wage da kein letztgültiges Urteil. Ich könnte mir auch vorstellen, dass viele Zuschauer lieber wollen, dass ihre Vereine in europäischen Wettbewerben konkurrenzfähig sind.

Meinst Du? Ich bin mir nicht so sicher. Es gibt im Vergleich zur Steigerung der internationalen Bekanntheit und Beliebtheit der Bundesliga durch eine finanziell hochkalorische Vermarktungsinitiative viel mehr Randbedingungen, die stimmen müssen, und die Ursache-Wirkungs-Beziehungen sind ebenfalls viel indirekter und komplexer. Will sagen, es ist glaube ich einfacher, gezielter planbar und mit weniger Imponderabilien versehen, mit viel Geld viel Bekanntheit zu produzieren als international nachgefragte Nachwuchsspieler.

Nein, nicht ganz, aber die Korrelation zwischen finanzieller Ausstattung der Vereine und ihrem sportlichen Erfolg ist schon erheblich signifikant.

@anon9711618: Erstmal danke für Deinen umfangreichen Vorschlag, für den Du Dir anscheinend wirklich Gedanken gemacht zu haben scheinst. Das ehrt mich.

Hältst Du das für so ausgemachte Sache? Hältst Du es für unwahrscheinlich bis unvorstellbar, dass ein FC Bayern auch in einer europäischen Super League zusammen mit 15 oder 20 anderen hochklassigen Vereinen, statt als Mitglied einer deutschen Bundesliga funktionieren könnte?

Ich habe Verständnisschwierigkeiten. Zwei Divisionen à 11 Teams, beispielsweise aufgeteilt nach Regionen, okay. Aber was meinst Du mit Gruppe A: Meister und Vierter und Gruppe B: Zweiter und Dritter usw.? Welche Bewandtnis soll das haben? Welcher Meister, welcher Zweite und Dritte usw.? Die des Vorjahres? Und wäre dann nicht eine alternierende Aufteilung naheliegender?

Wenn ich mir Deinen Wettbewerbsentwurf in Ruhe durchlese, kann ich ihm auf den ersten Blick durchaus etwas abgewinnen. Im Endeffekt läuft Dein Vorschlag ja auf einen Wettbewerb hinaus, der weitgehend identisch mit der gegenwärtigen Bundesliga ist, nur dass er in zwei getrennten Teil-Ligen stattfindet, die zur Halbzeit der Saison noch einmal neu zusammengesetzt werden und ein paar mehr Teams beinhaltet. Mich hat Dein Entwurf spontan an die österreichische Bundesliga erinnert, die seit der Saison 2018/19 in einem ähnlichen Modus ausgespielt wird. Ich zitiere aus der Wikipedia:

Dieser [Modus] sieht vor, dass nach dem Grunddurchgang mit 22 Spieltagen (zwei Mal jeder gegen jeden) die Punkte halbiert werden und die Liga in eine Meistergruppe (bestehend aus den Top 6) und eine Qualifikationsgruppe (Plätze 7–12) geteilt wird. (Im Unterschied zu Deinem Vorschlag wird hier also erst zur Halbzeit der Saison getrennt und nicht bereits von Anfang an.) Innerhalb dieser Gruppen spielen die Teams erneut zwei Mal gegeneinander. Auch ist geplant, dass der 1. der Qualifikationsgruppe 2 Relegationsspiele um den letzten Europacupplatz gegen den 3. oder 4. der Meistergruppe bestreitet. (Diese Idee findet sich in Deinem Vorschlag noch nicht wieder). Die zweite Spielklasse wird [zeitgleich] auf 16 Mannschaften aufgestockt, wobei Profi- und Amateurvereine zugelassen werden.

I. Was erhoffst Du Dir von der Aufteilung der Liga in zwei Gruppen von Anfang an und nicht erst, etwa in Anlehnung an die Österreicher, z. B. nach der Hälfte der Saison?

II. Was hast Du gegen die Idee von Playoffs einzuwenden? Ja, es würde nicht die Leistung über das ganze Jahr hinweg zählen, aber, erstens, wäre nicht letztendlich eine Sortierung nach Leistung in zwei Gruppen zur Halbzeit der Saison auch eine Art Playoff, nur eben schon mit ziemlich früher Trennung der Finalisten vom Rest; und, zweitens, wäre nicht ein „echtes“ Playoff ein ziemlich starker Spannungsbringer und Interessegenerator, siehe USA?

Deine Liste von Vorteilen und Einwänden gefällt mir. Deine Vorteile unterschreibe ich alle, die von Dir ins Feld geführten Einwände finde ich vernachlässigbar. Die stärkere Forderung der starken Mannschaften in der Rückrunde dadurch, dass sie einen höheren Anteil ihrer Spiele gegen stärkere Gegner führen müssen, könnte für Europa sogar ein Wettbewerbsvorteil sein.

Einen entscheidenden Punkt kann ich allerdings nicht nachvollziehen oder sehe ich anders als Du: Warum meinst Du, dass eine Voraussetzung für so einen Wettbewerb eine stärkere Gleichverteilung der TV-Einnahmen bzw. - denn das ist ja wahrscheinlich das eigentliche Ziel hinter dieser Forderung - eine stärkere Ausgeglichenheit der Stärke der einzelnen Teams ist? Könnte man dieses AlanMcInallysche oder österreichische System nicht auch unter den Gegebenen Kräfteverhältnissen in der Bundesliga einführen und trotzdem alle von Dir genannten Vorteile und Ziele erreichen (mehr Spiele, mehr relevante Spiele, mehr Zuschauer, mehr Spannung, längere Offenheit des Wettbewerbs usw.)?

Danke für den tollen Vorschlag. Hat mir Spaß gemacht, mich damit auseinanderzusetzen.

3 „Gefällt mir“

Wie soll das objektiv gehen? Wir sind ja nicht bei FIFA auf der PlayStation.

Kann gut sein, dass ich @anon9711618 s an sich sehr kreativen Vorschlag auch nicht komplett verstanden habe, aber es geht doch darum, dass beide Divisionen à 11 Teams zunächst unter sich jeweils 20 Spiele (10 pro Halbserie) austragen, richtig? Wem dem so ist, würde das doch bedeuten, dass immer eine Mannschaft spielfrei ist pro Spieltag.Warum also nicht 10 und 10 Teams pro Division? Zweitens, nach welchem Schlüssel würden dann die nächsten beiden Divisionen, die um Meisterschaft und die um den Klassenerhalt spielen, zusammengestellt, geht es nach Punkten oder nach jeweiliger Platzierung, d.h. von den beiden Sechsten (Division A und B) käme dann der punktbeste nach oben, der andere nach unten? Sonst bekommt man ja nicht die Aufteilung 11/11. Sorry, falls ich da komplett auf dem Schlauch stehe.

Und wie würde es in der Folgesaison weitergehen, wie werden die neuen Divisionen ermittelt (nach Punktestand aus der Vorsaison, und dann 1 und 4, zwei und drei etc jeweils zusammen, oder alternierend?) Eine regionale Aufteilung fände ich weniger spannend.

Ich würde das nicht so drastisch ausdrücken. Es gibt auch viele Spieler, denen so etwas wie Umfeld, Familie, Heimat wichtig ist. Außerdem können auch in England nur 20 x ~25 Spieler spielen. Da würde bei einer guten Jugendarbeit schon genug für die Bundesliga übrig bleiben.
Man darf außerdem nicht England als Konkurrent sehen, das ist einfach unrealistisch. Man muss sich daher eher mit Spanien und Italien vergleichen. Die haben letztlich genauso ihre Abgänge nach England.

Die meisten Vereine spielen nicht international und werden es auch nie für mehr als mal eine Ausnahmesaison tun. Diese Konkurrenzfähigkeit betrifft also eig. nur eine handvoll Klubs. Watzke hat es ja auch ziemlich deutlich gemacht, dass es ihm nur um diese Klubs geht und er dafür den Rest der DFL zwingen will, ihm zuzustimmen.
Aus seiner Sicht natürlich verständlich. Für mindestens 15 der 20 Klubs, die zugestimmt haben, eigentlich nicht.

Das ist nur dann einfach, wenn du ein Produkt hast, das jeder sehen will. Aber wer will denn international die Bundesliga sehen, wenn man auch Premiere League gucken kann? Dafür muss man in Deutschland schon irgendetwas heraus arbeiten, dass einen abhebt. Ansonsten kann man da so viel Geld reinstecken, wie man will. Augsburg gegen Wolfsburg wird nicht attraktiver, in dem man Geld in eine digitale Plattform steckt.
Die Potentiale in Deutschland liegen einerseits in Traditionsklubs und ihrem großen Fanpotential. Diese Klubs behindern sich aber meistens selbst. Andererseits könnte Deutschland als großes Industrieland eben auch eine gute Jugendausbildung gewährleisten und auch viele interessante Talente aus kleineren Fußballländern importieren.

2 „Gefällt mir“

Randbemerkung dazu: Ich habe in den vergangenen Jahren immer mal wieder Medienberichte und Podcasts gehört, die von englischen Fans berichtet haben, die ganz begeistert von der Stimmung und den Preisen (!) in den deutschen Bundesliga-Stadien sind und häufig extra für ein Spiel am Wochenende den Weg über den Kanal antreten und anschließend wieder ganz beglückt zurückfahren.

Wenn der Platz in den Stadien nicht eng begrenzt wäre und sie nicht ohnehin immer ausverkauft wären, wäre dies fast ein lukrativ zu vermarktender Wettbewerbsvorteil des deutschen Fußballs.

Wie meinst Du das? Könntest Du das noch etwas näher ausführen? Eine Spielerausbildung, die international gefragte Spieler hervorbringt, funktioniert ohne Wettbewerbseinsatz für diese auf höchstem Niveau wohl kaum, denke ich. Nur dort, im Wettkampf mit Besseren und unter echtem Wettbewerbsdruck, erreicht ein Nachwuchsspieler als Spieler eine Reife, die ihn überhaupt nur in die Nähe dessen bringt, für Vereine wie Klopps Liverpool oder Peps City interessant zu werden. Und der verfügbare Platz in den im Wettbewerb stehenden Mannschaften der ersten Liga ist eng begrenzt. Schon rein numerisch dürfte Deine Ausbildungsidee daher kaum aufgehen, oder irre ich mich? Da nützt auch der Status von Deutschland als bedeutende Industrienation wenig.

1 „Gefällt mir“

Da gibt es durchaus Potential.

2 „Gefällt mir“

Ja, ich weiß, aber die Stadien sind ja schon voll. Für den VfL Wolfsburg wäre das vielleicht was, das meine ich ganz ohne Ironie.

1 „Gefällt mir“

Das ist natürlich ein riesiges Potenzial was man da heben kann, und riesige Einnahmezuwächse generiert.

Aber bedenke auch die Folgewirkungen für die Attraktivität des VfL durch das Anfüttern neuer Fans abroad. Wir wollen doch, dass die Vereine und die Liga auch in anderen Ländern Intresse wecken und Fans gewinnen. Wer heute aus England angeworben beim VfL im Stadion sitzt, kauft vielleicht morgen einen Season-Pass für dessen Spiele oder gleich einen für die ganze Liga (wenn die DFL sowas rechtemäßig irgendwann mal möglich macht).

Außerdem wäre so eine gezielte Anwerbung von VfL-Fans in England vielleicht auch eine nette Marketing-Maßnahme für VW. Die wollen ihre IDs doch bestimmt auch auf der Insel an den Mann bringen.

1 „Gefällt mir“

Ein deutsches Mittelfeld-Team kann doch theoretisch Spieler ausbilden, die man für gutes Geld an englische Mittelfeld-Teams verkaufen kann? Dafür braucht es keine CL-Spiele.
Das ist im Grunde genau das, was die Franzosen aktuell machen und womit sie sich finanziell über Wasser halten. Die verkaufen Spieler in allen Talent- und Preiskategorien, u.a. an eben jene deutsche Mittelfeldklubs.

Aber welcher Engländer will in ein halbleeres Stadion in Wolfsburg?

1 „Gefällt mir“

Das gab es übrigens sch in den 1970ern. 1. FC Saarbrücken, BuLi-Aufsteiger 1976, hatte immer viele Zuschauer aus Frankreich. Die haben dann sogar einen französischen Stürmer verpflichtet, um noch mehr französische Zuschauer zu bekommen (Marc Berdoll - ein gewisser Michel Platini wurde für „zu schmächtig“ gehalten).

Und zu den Bayernspielen kommen auch Zuschauer aus Südtirol. Die BuLi ist doch spannender als die Serie A …

2 „Gefällt mir“

Zum neuen Deal ein mehr interessantes Gespräch im Rasenfunk.

3 „Gefällt mir“

Antwort ohne es gehört zu haben. Sinnlos, dumm, naiv, man ist jetzt pösen Investoren hilflos ausgeliefert und wird ausgeschlachtet.

Das Wunderkind Bundesliga wird vergewaltigt

Fehler! Mit Chaled Nahar und Marcus Bark von der Sportschau zwei Journalisten, die das Thema schon lange begleiten. Lohnt sich!

… Und von mir der Tipp für alle User hier:
Hört euch unbedingt den neuen MSR-Podcast 312: Verstehen Sie Haas? an und speziell die Ausführungen von @Georg dazu.
Ich garantiere epiphanische Erkenntnisse sowohl für Kritiker wie Freunde aller Fankurven einerseits sowie der DFL andererseits.

3 „Gefällt mir“

Wenn jemand den Ultras den Fußball erklären kann, dann ein Vertreter von VW/Bayer/Hopp/FCB in der Bild…

2 „Gefällt mir“