Der FC Bayern und Katar

Nachtrag: Jetzt weiß ich, um welchen Antrag es geht. Das ist ja eine 2 Jahre alte (damals bereits eingereichte) Sache, die der FCB ja nun selbst in seine eigene Satzungsänderung eingebaut hat. der Menschenrechtsparagraph. Schön auf dem Papier, aber leider ohne jegliche operative Konsequenzen. Da reicht es, wenn der FCB weiterhin sagt, dass er zu den Menschenrechten „im Dialog“ mit seinen Partnern steht.

Ob die Begründung jetzt praxisfremd ist, möchte (und kann) ich nicht bewerten. Aber in der Umsetzung einfließen zu lassen, dass die Kompetenzen des AR erweitert werden und gleichzeitig „anzudrohen“ neue Aufsichtsratsmitglieder zu bestimmen, weil die aktuellen Entscheidungsträger nicht die gewünschten Aktionen in die Wege leiten, ist für mich nur als Konfrontation zu verstehen.

2 „Gefällt mir“

Okay, unterschiedliche Wahrnehmung. Ich lese da keine Drohung oder Konfrontation heraus.

Auch wenn auch dies wieder eher ein tangentialer Einwurf wird, der wenig mit der ursprünglichen Diskussion zu tun hat, finde ich den größeren Blick, den du hier wirfst, mit China, Russland und grundsätzlich die Rolle des ökonomischen Austauschs in der Welt, dennoch sehr spannend.

Auch ich bin im Prinzip ein glühender Anhänger des guten alten Sozen-Prinzips der 60er Jahre, „Wandel durch Handel“. Jede Nation, jeder Mensch möchte materiellen Wohlstand, niemand möchte hungern, kein Dach über dem Kopf haben, an banalen Krankheiten sterben oder seine Kinder nicht zur Schule schicken können, weil sie stattdessen für das Auskommen der Familie irgendwo auf einem kargen Acker schuften müssen. Das gilt auch für Nationen, die einem politisch unlieb sind, die Menschenrechte ihrer Bürger nicht achten und generell mit dem Ideal der freiheitlichen, offenen und liberalen Gesellschaft, das wir im Westen so hochhalten, nicht viel am Hut haben. Auch die Herrscher solcher Länder profitieren davon, wenn sie ihren Untertanen Wohlstand bringen. Die Möglichkeit, große Teile der eigenen Bevölkerung aus bitterster Armut in eine wenigstens einigermaßen abgesicherte materielle Existenz zu führen, ist der wohl wirksamste Produzent von politischer Zustimmung, den es auf dieser Welt gibt. Gleichzeitig herrscht auf Basis historischer Erfahrungen bei uns im Westen die Vorstellung vor, dass sich auch in autoritären und totalitären Systemen durch immer weiter steigenden materiellen Wohlstand in der Bevölkerung irgendwann eine ökonomisch emanzipierte Klasse an Bürgern herausbildet, die - so die Hoffnung - in der Folge dann auch wachsende politische Ansprüche an Freiheit, Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Unabhängigkeit entwickelt und dieser Erwartungsdruck dann irgendwann auch einen Wandel im politischen System hin zu einer freiheitlicheren, demokratischeren Gesellschaft auslöst. Wenn man als westlicher Staat auf dem Weg dahin seine Bereitschaft zur ökonomischen Kooperation mit diesen Regimen schließlich auch noch an die Bedingung der Einhaltung von Menschenrechten knüpfen kann, um so besser.

Und da auch aus theoretischen ökonomischen Überlegungen heraus eine Arbeitsteilung unter Wirtschaftssubjekten auf Basis funktionaler Spezialisierung, in der jeder das macht, was er am besten kann, im Ergebnis für alle Beteiligten wohlstandsmaximierend ist, bin ich eigentlich aus einer ganzen Reihe von Gründen ein Verfechter des „Wandel durch Handel“-Prinzips. Im Prinzip wäre das eigentlich eine Win-Win-Win-Situation (Westen, Regime, Bevölkerung), also ein Erfolg für alle Seiten.

Leider wird uns im Westen in diesen Tagen mit zunehmender Dringlichkeit deutlich, dass dieses Prinzip des Wandels durch Handel gerade im Bezug auf China ganz evident nicht funktioniert hat. Die Chinesen verstehen es offenbar (zumindest bisher) sehr gut, ein ziemlich kapitalistisches Wirtschaftssystem, bei dem sich gerade in den großen Städten und Industriezentren rund um Shanghai, Peking, Shenzhen usw. eine durchaus sehr wohlhabene und gut situierte Mittelschicht herausgebildet hat, mit einer zentralistisch geführten, autoritären Regierungsform zu vereinen, ohne dass es darüber bis dato zu größeren politischen landesweiten Unruhen gekommen wäre. Im Gegenteil, Xi Jinping ist gerade auf dem besten Wege, auf verschiedendstem Wege eine solche Fülle an Macht und Kontrolle über den Staat in seiner Hand zu vereinen, wie es das seit den Zeiten Maos nicht mehr gab. Das Politbüro und die kommunistische Partei wirken in ihrer Machtbasis so konsolidiert wie schon lange nicht mehr.

Für wen das Wort „Globalisierung“ bislang nur ein Schlagwort war, der hat spätestens in der Coronakrise gemerkt und sieht es ganz besonders jetzt, beim stotterhaften Wiederanlaufen der Weltwirtschaft, wie eng und vielfältig wir in Europa ökonomisch mit China verflochten sind und wie abhängig wir inzwischen von diesem Land sind. Es gibt quasi keine Lieferkette für welches Produkt auch immer, in dem nicht irgendein Vorprodukt oder Arbeitsgang aus China steckt Von der Maske über elektronische Bauteile, Baumaterialien, Textilien, Autoteile, Kunststoffe, Rohstoffe, Arzneimittel, Logistik, bis hin sogar zu Nahrung und Kosmetik - es gibt nichts, was nicht unterwegs irgendwann einmal China berührt. Was in der ökonomischen Theorie wohlstandsoptimal ist und daher eigentlich zu begrüßen wäre, macht uns allerdings abhängig von einem Regime, bei dem sich die Hoffnung auf politische Emanzipation infolge ökonomischer Emanzipation breiter Gesellschaftsschichten nicht zu realisieren scheint.

Noch befinden wir uns in einem geostrategisch labilen Gleichgewicht, denn auch China hängt für die Aufrechterhaltung seiner Wirtschaft vom Westen ab, importiert sehr viel von uns (zB. gerade im großen Stil Holz). Aber Xi Jinping und die CCP versuchen gerade, ihre Wirtschaft in wichtigen Sektoren autark zu machen. Aber da China (genau wie Russland übrigens) unberechenbar ist und jederzeit die Ausfuhr von für uns lebenswichtigen Waren und Dienstleistungen an politische Bedingungen knüpfen kann (ihr wollt weiterhin eine sichere Versorgung mit Produkt/Rohstoff X? Kein Problem, gebt uns Taiwan) und es sich diese Haltung aufgrund seiner ökonomischen herausragenden Rolle in der Welt auch leisten kann, wäre der Westen bestimmt gut beraten, strategisch-langfristig über den Aufbau alternativer Liefer- und Logistikketten nachzudenken, in denen China keine Rolle spielt - nicht als Dauerlösung, aber als Notnagel, wenn es zum Schwur kommt.

Was will ich sagen? „Wandel durch Handel“ kann funktionieren, muss aber nicht. Selbst wenn es funktioniert, sollte man wohl generell an die Vorstellung, wie moralischer Fortschritt in der Welt passiert, keine romantisierenden oder idealisierenden Reinheitsansprüche stellen. Wandel durch Handel stellt einem nicht an Tag eins ein funkelnagelneues, blitzblankes Auto hin (bzw. ein total faires und liberales Regime, in dem alles funktioniert). Man muss sich das eher vorstellen wie mit einem großen Besen in einen verdreckten Schweinestall zu gehen: Am Ende hat man ein sauberes Gebäude, aber der Weg dorthin ist mühsam, schmutzig und stinkt.

2 „Gefällt mir“

@texterstexte

So stellt sich Ott die Umsetzung vor, und das ist nicht konfrontativ? Man will AR und VS abberufen wenn sie nicht kuschen?
Professionelle erfolgreiche Leute, die den Club zum top3 in der Welt gemacht haben. Der Antrag mit Begründung und beabsichtigter Umsetzung ist nicht anderes als eine verdeckte Revolte gegen etablierte Strukturen und Personen.
Sehr enttäuschend und passend sind dann die Erklärungen von Ott, der offensichtlich das Plakat als Unterstützung versteht.

Man sollte das Kind schon beim Namen nennen.

5. Umsetzung

Der Antrag ist bewusst offen gehalten und eröffnet verschiedene faktische und juristische Wege.

  • Details

Die Mitgliederversammlung des Vereins kann zwar nicht unmittelbar für die AG verbindliche Beschlüsse fällen. Sie kann aber mittelbar beeinflussen, wie sich die Vertreter des Vereins in den Organen der AG verhalten.

Es wird davon ausgegangen, dass die handelnden Personen, insb. der AG-Vorstand, den Beschluss der Vereinsmitglieder anerkennen und dessen Umsetzung gewährleisten. Sofern dies nicht gesichert ist, etwa durch eine öffentliche Erklärung, kann bspw. der Aufsichtsrat ein Zustimmungserfordernis für neue Verträge oder Vertragsverlängerungen mit Qatar Airways und anderen katarischen Staatsunternehmen beschließen. Sollte sich im aktuellen Aufsichtsrat keine Mehrheit dafür finden, kann der FC Bayern München e. V. als 75-prozentiger Anteilseigner der AG geeignete Aufsichtsräte berufen. Alternativ kann er auch eine Regelung zum Unternehmensgegenstand in der AG-Satzung beschließen.

1 „Gefällt mir“

„kann…beschließen.“
„kann…berufen.“
Nochmal: Hier werden Möglichkeiten aufzeigt, keine Konfrontation.

Ansonsten bitte M. Ott direkt ansprechen zu seinem Antrag. Ich teile das Ziel des Antrages, muss dafür nicht jedes Wort in der Begründung unterschreiben.

1 „Gefällt mir“

Also mit Image polieren meine ich das Sponsoring aufzukündigen. Seht her, wir wollen mit denen nix zu tun haben und sind moralisch die Guten. Darauf spielt der Saubermann ab (zugegeben überspitzt formuliert). Dadurch erreicht man m.E. eben gar nix sondern eher das Gegenteil.

1 „Gefällt mir“

Volle Zustimmung zu Deinen Punkten. Ich bin durchaus nicht so naiv dass man mit Wandel durch Handel wie Du beschreibst in Arabien, China etc. unsere westlichen Standards einfach mal so übertragen kann. Das hat „relativ gut“ in den ehemaligen Ostblockstaaten funktioniert, ansonsten nur in begrenztem Ausmaß.
Mir geht’s eher darum was denn die Alternative sein soll. Militärisch einmarschieren und das westliche Gesellschaftsmodell einpflanzen funktioniert noch weniger und will auch keiner hier.
Dann bleibt sonst nur sich abzuschotten, Verbindungen und Dialog abbrechen. Das wäre ja übertragen der Grundgedanke hinter dem Antrag. Und das halte ich eben auch für ziemlich kontraproduktiv.

Weitere grundsätzliche Handlungsalternativen sehe ich nicht.

3 „Gefällt mir“

Gute Frage. Was machen wir wenn am Ende des Tages all die Bösen die wir (also der Werte-Westen) in der Welt verorten, der Chinese, der Russe, der Muslim usw. , immer noch nicht wie wir sein wollen? Oder so wie wir uns zumindest gerne vorstellen
Müssen wir die dann totschlagen? Von uns isolieren? Ertragen?

Ja, natürlich stimme ich dir zu. Ich habe in meinem Beitrag auch lediglich die indirekte Wirkung einer ökonomischen Zusammenarbeit auf die Freiheit zu skizzieren versucht, also wie sie sozusagen auf dem Rücken des ökonomischen Austauschs wie ein schleichendes Gift in die Gesellschaft einsickert und dann in der langen Frist ihre revolutionierende Wirkung entfaltet.

Natürlich gibt es auch noch eine direkte Dimension im ökonomischen Austausch nach dem Prinzip des „gibst du mir, gebe ich dir“: Wenn ihr (China, Katar, …) unsere Devisen im Austausch für eure Waren und Dienstleistungen wollt, dann müsst ihr die Situation der Frauen im Land verbessern oder die Unterdrückung der Uiguren unterlassen.

Mit Katar mag das noch gehen, mit China wird das hingegen schwierig, eben gerade wegen der so engen und mannigfaltigen wirtschaftlichen Verflechtungen, die der Westen mit China hat. Die einzigen beiden theoretisch denkbaren wirksamen Druckmittel von Staaten untereinander in der Moderne sind ökonomische Sanktionen und militärische Intervention. Die härtesten Formen beider Mittel wären ein kompletter Abbruch jeglichen ökonomischen Austausches bzgl. ersteren und Krieg bzgl. letzteren Mittels. Weder ein globaler Krieg noch ein vollständiger, unmittelbarer Kollaps der Weltwirtschaft können auf irgendeiner Ebene von Rationalität in irgendeiner Form wünschenswert sein.

Nun ist Katar nicht China und der FC Bayern auch kein Staat und mein Beitrag bringt summa summarum die eigentliche Diskussion hier auch nur wenig voran. Ich wollte die Gedanken trotzdem irgendwie loswerden. Lasst euch nicht stören. :wink:

2 „Gefällt mir“

@Alex
Deine Kommentare sind natürlich hilfreich weil sie die Realität und Praxis aufzeigen.

Und im Kontrast zu dem Antrag steht.

Übrigens was hältst Du von dem anderen Antrag?
Prinzipiell bin ich dafür das der eV nicht unter die 75,1% geht, andererseits wäre ein Abschmelzen auf 70% auch irgendwie ein inherent hedge, der über die dann vorhandene Sperrminorität der Minderheitsaktionäre, solche Ideen wie sie jetzt auf dem Tisch liegen für immer verhindern.

Wenn das der Grund wäre - und der Verein sonst nix tut, um in Katar Veränderungen anzustoßen - dann hättest Du recht. Es ist aber nicht so.

Die Nicht-Fortsetzung (darum geht es ja) des Sponsorings nach Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit wäre die Korrektur eines Fehlers. Und die Behebung eines Imageschadens.

1 „Gefällt mir“

Welche Erweiterung der Kompetenzen des AR? Der e.V. soll doch laut Antrag mithilfe der bereits bestehenden Kompetenzen einwirken.

Auf der einen Seite hast du natürlich Recht, der Antrag selbst weißt nur auf die

„Nutzung sämtlicher ihm zur Verfügung stehenden erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Einflussnahmemöglichkeiten“

hin.

Diese Begrifflichkeit sind ziemlich offen gelassen, was in der Begründung des Antrages unter Punkt 5 auch zugegeben wird und demnach explizit gewünscht ist, um alle Möglichkeiten ausschöpfen zu können und nicht auf einzelne Maßnahmen beschränkt zu sein. Wenn ich jetzt aber die Pläne zur Umsetzung genauer betrachte finde ich folgenden Passus:

Sofern dies nicht gesichert ist, etwa durch eine öffentliche Erklärung, kann bspw. der Aufsichtsrat ein Zustimmungserfordernis für neue Verträge oder Vertragsverlängerungen mit Qatar Airways und anderen katarischen Staatsunternehmen beschließen.

Aus diesem ist zu schließen, dass der Abschluss eines Sponsoringvertrages aktuell nur durch die Geschäftsführung der AG durchgeführt wird und der AR aktuell kein Mitspracherecht hat. Nun möchte der oben zitierte Passus den AR mit einer neuen Kompetenz (sprich Erweiterung der Kompetenzen) ausstatten, nämlich bei Sponsorenverträgen ein Mitbestimmungsrecht zu erhalten.
Da der Antragsteller gleichzeitig möchte, dass die vom Verein geschickten AR-Mitglieder im Falle einer Abstimmung sich auf jeden Fall gegen Katar aussprechen (sonst werden sie ja ausgetauscht), kann man schon davon ausgehen, dass die Kompetenz des Abschlusses eines Sponsorenvertrages nun nicht mehr bei der GF, sondern beim AR liegt.

Ich will natürlich keine Allgemeingültigkeit aus meiner Interpretation ableiten, es ist jeweils nur meine Interpretation der im Antrag (bzw. in der Begründung) gemachten Angaben.

spannendes Interview - vor allem auch der Schluss, in dem es um weitere Anträge geht und die in meinen Augen noch viel wichtiger sind!
es drängt sich schon der Verdacht auf, dass die Großkopferten sich den Weg freischaufeln wollen :face_vomiting:

Bayern-Fan Michael Ott will dem umstrittenen Katar-Sponsoring seines Lieblingsklub auf der Mitgliederversammlung ein Ende setzen. Im kicker-Interview erklärt der 28-Jährige die Hintergründe seines Antrags.

Lesen Sie hier die vollständige Meldung: Interview: Wie ein Fan Bayerns Katar-Sponsoring beenden will - kicker

Für mich unglaublich, wie man wegen ein wenig Werbung für einen Flughafen so einen Aufruhr anzetteln kann.
Aber wer es braucht, meinetwegen :man_shrugging:

Diese Antwort, enschuldige bitte die Offenheit, zeugt von sehr großer Geschichtsvergessenheit.
Denn, Werbung auf dem Trikot für einen Staat zu machen, in den Kurt Landauer und einige weitere verdiente Mitglieder nur unter großen Schwierigkeiten einreisen könnten und der mit der Politik des Iran sympathisiert, der die Vernichtung Israels fordert, geht einfach für einen Verein wie den FC Bayern überhaupt nicht!

4 „Gefällt mir“

@918: Sorry für die späte Antwort, ich musste mich in das Thema erst einmal halbwegs sorgfältig einlesen.

Ich versuche mich kurzufassen: Den zweiten Antrag bezüglich der Erfordernis einer Zustimmung des e.V. für ein Absinken seiner Anteile an der AG unter eine Quote von 75% finde ich gut. Als jemand, der sich für Kommunikation und die Wirkung von Kommunikation interessiert, fände ich das nicht nur aufgrund des im Antrag ausgeführten (und von dir hervorgehobenen) rechtlichen Aspekts sinnvoll, sondern auch als symbolischen Akt, der eine eindeutige Setzung markiert, dass der e.V., also übersetzt: der gemeine Fan, die Tradition, das Bodenständige, das Ursprüngliche, das Verlässliche, das Nahbare im immer größer werdenden Unternehmenskonstrukt FC Bayern trotz aller Modernisierung nach wie vor das zentrale Fundament des Hauses FC Bayern ist und der Verein sein Handeln stets nach diesem Wertekompass ausrichtet. Auch wenn der e.V und somit der symbolisierte Fan im Einzelfall nicht rechtlich mitentscheiden können mögen, so signalisiert diese Änderung doch, dass die Mitglieder und ihre Wünsche und Werte implizit immer mit am Tisch sitzen, wenn die wichtigen Entscheidungen getroffen werden.

Was den anderen Antrag bezüglich des Endes des Sponsoring-Vertrages mit Qatar Airways angeht, sehe ich die Botschaft, die davon ausgeht, nicht so kritisch wie du. Wesentlich stärker noch als bei dem anderen Antrag steht hier für mich das symbolische Moment der Kommunikation klar im Vordergrund. Den Antragstellern scheint es meines Erachtens weniger um eine konkrete rechtliche Drohgebärde zu gehen, als vor allem darum, ein deutliches Zeichen zu setzen, das sachlich, inhaltlich und rechtlich so sorgfältig und robust ausgearbeitet ist, dass man erkennen kann, dass es ihnen um ihr Anliegen Ernst ist und sie wissen, wovon sie reden, sodass man es auf den Chefetagen der Bayern nicht mal eben einfach genervt so als völlig realitätsfern oder in den rechtlichen Implikationen kenntnisfrei vom Tisch wischen kann, wie es wahrscheinlich bei 90% aller weiteren Anträge, die jedes Jahr vor der HV beim Präsidium auf dem Tisch landen, der Fall ist. Das von dir geäußerte Bedenken, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat der AG diesen Antrag wegen des höchst unwahrscheinlichen Horrorszenarios, dass sie zukünftig gezwungen sein könnten, an der kurzen Leine einer erratisch-träumerhaften Hauptversammlung zu agieren, als einen Akt der Konfrontation auffassen werden, teile ich daher insgesamt nicht. Wenn ich jedenfalls beim FC Bayern im Vorstand oder im Aufsichtsrat sitzen würde und mir würde dieser Antrag auf den Tisch flattern, würde ich zunächst einmal ob all der ganz offensichtlich in ihn geflossenen Arbeit und Sorgfalt anerkennend nicken und mich dann ernsthaft mit dem Inhalt auseinandersetzen.

Und noch einmal Thema Kommunikation: Die Trennung des Sponsoring-Vertrags der Bayern mit Qatar Airways von dem alljährlichen Besuch des Trainingslagers, um als FC Bayern gleichzeitig weiter positiven Einfluss in dem Land zu nehmen, es aber darüber hinaus nicht unnötigerweise finanziell stärker zu unterstützen als irgend nötig, welches als mögliches Szenario beispielsweise auch @texterstexte favorisiert, halte ich aus kommunikativen Gründen für schwierig bis unmöglich.
A) Welchem gemeinen Fan auf der Straße soll man bitte wie vermitteln, dass man Katar zwar einerseits „boykottiert“, andererseits aber trotzdem jedes Jahr weiter dorthin zum Training fliegt? Das ist eine vollkommen akademische Vorstellung und eindeutig eine Kopfgeburt.
B) Dasselbe gilt analog für die Machthaber in Katar. Was für eine Message soll den bitte bei denen ankommen, wenn der FC Bayern zwar einerseits seine Sponsoring-Verträge mit dem Land wegen der fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen dort aufkündigt bzw. auslaufen lässt, andererseits aber wie gehabt alljährlich zum Trainingslager vorbeikommt als wenn nichts wäre? Wie glaubwürdig und vermittelbar wäre bei diesem performativen Spagat denn bitte jegliche Botschaft bei welchem Publikum auch immer, egal ob Boykott hier oder Eintreten für Menschenrechte dort? Die kommunikativen Klimmzüge um das zu erklären möchte ich sehen. Auch hier: totale Kopfgeburt. Meines Erachtens wird man sich wohl schon entscheiden müssen. Entweder ganz oder gar nicht. Alles andere wäre ein in sich widersprüchlicher kommunikativer Albtraum (und übrigens auch ein in der Sache ziemlich inkonsistentes Handeln).

Deine Antwort, entschuldige bitte die Offenheit, zeugt von sehr großer Besessenheit.

Auf dem Trikotärmel steht „Quatar airways“.

Wer da wieviel hinein interpretieren will überlasse ich jedem selber.

Danke für Deine ausführliche Reaktion. Absatz 1 und 2: 100% Zustimmung. Genauso ist dieser Antrag auch gemeint. Er gibt im Idealfall ein eindeutiges Meinungsbild der Vereinsmitglieder ab, dass Vorstand/Aufsichtsrat der AG nicht einfach ignorieren können.

Zu Absatz 3 sehe ich das anders als Du. Der FC Bayern ist Jahre vor dem Sponsoring-Deal schon zum Trainingslager nach Doha gereist. Das Sponsoring ist zeitlich begrenzt vereinbart worden. es wäre ohne Gesichtsverlust für Katar möglich, das einfach auslaufen zu lassen. Da lassen sich schon genügend öffentlich geäußerte Gründe finden („wollen uns zukünftig stärker auf den asiatischen Markt konzentriern, daher Singapore Airlines“ (nur eine Idee von mir) / „als Deutscher Club reaktivieren wir das Sponsoring mit Lufthansa, die uns zu allen Zielen national (was QA nicht kann) und international fliegt“).

Durch die von Dir betonte „Kommunikation“ muss und kann es gelingen zu vermitteln, dass es einen Unterschied macht, ob man ein selbst finanziertes Trainingslager in Doha veranstaltet, bei dem vor Ort der Dialog mit Katar gepflegt wird. Oder ob es zusätzlich Geschäftsbeziehungen zu Katar gibt. Das ist nach meiner Wahrnehmung kommunikativ schon zu vermitteln.

Hier liegt aber auch der Knackpunkt, denn der FC Bayern hat sich bisher beim Thema Katar nicht durch transparente Kommunikation hervorgetan. Aber vielleicht verbessert sich ja auch in diesem Punkt etwas.

1 „Gefällt mir“