Interessanter Punkt. Ich frage mich gerade, ob Abwehrspieler früher (also vor 30-50 Jahren) mehr „auf die Knochen“ gekriegt haben oder die heutigen?
Meiner Erinnerung nach (die aber natürlich täuschen kann) haben „knallharte“ Innenverteidiger wie z.B. Katsche Schwarzenbeck, Kohler, Förster usw. fast ihre ganze Karriere hindurch ohne schwere Verletzungen bzw. monatelange Verletzungspausen durchgespielt.
Und das, obwohl die Jungs damals oft noch auf einem richtigen „Acker“ gespielt und trainiert haben und es so etwas wie Rasenheizung, Drainagen, professionelle Greenkeeper udgl. noch gar nicht gab.
Anlässlich des 7. Geburtstags eines schwerbehinderten kleinen Jungen (ich habe hier an anderer Stelle einmal darüber berichtet) hatte ich Gelegenheit, Manfred Binz (Libero der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 1992) kennenzulernen, der uns erzählte, dass er ganze Saisons hindurch jedes einzelne Spiel mitgemacht hat, ohne jemals ernsthaft verletzt zu sein.
Oder auch der „Bomber der Nation“ Gerd Müller, der ja nun wahrlich ständig was auf die Knochen kriegte, war meiner Erinnerung nach jahrelang nie ernsthaft verletzt.
Während wir heutzutage genügend Beispiele kennen, wo hochtalentierte junge Spieler mitunter schon mit Anfang/Mitte 20 zwei Kreuzbandrisse und mehrere andere schwere Verletzungen hatten und schon fünfmal operiert worden sind (oder denkt an die Verletzungshistorie von Hernandez, Badstuber, Neuer).
Von daher frage ich mich, ob der Profi-Fußball damals oder heute „härter“, brutaler und verletzungsanfälliger war bzw. ist?
Einerseits gab es damals sicher viel mehr versteckte Fouls, die heute durch Zeitlupe, VAR usw. schonungslos aufdeckt werden würden.
Auch die sportwissenschaftliche Trainingslehre, die Ernährungswissenschaft, die Physios und generell die Sportmedizin bzw. Orthopädie/Chirurgie sind durch die enorm verbesserten diagnostischen und technischen Möglichkeiten heutzutage auf einem sehr, sehr viel höheren Niveau als „damals“.
Deswegen sollte man eigentlich annehmen, dass Sportverletzungen im Profi-Fußball heute viel seltener sind, viel früher erkannt werden und viel besser behandelt werden können.
Trotzdem habe ich den Eindruck (der natürlich falsch sein kann, da ich nur Einzelbeispiele, aber keine Statistiken dazu kenne), dass Verletzungen selbst bei noch recht jungen Profi-Fußballern heutzutage viel häufiger, schwerer und langwieriger sind als früher.
Dabei sind heute fünf (!) Auswechslungen pro Spiel erlaubt, während es m.W. bis Anfang der 1970er Jahre gar keine gab - und danach jahrzehntelang maximal zwei pro Spiel. D.h., angeschlagene Spieler mussten damals die Zähne zusammenbeißen und „einfach“ weiter durchspielen.
Was trotz hochprofessioneller Trainings- und sportmedizinischer Möglichkeiten die Verletzungsgefahr im Vergleich zu früher deutlich erhöht haben dürfte, ist, dass der Fußball viel, viel schneller, dynamischer und athletischer geworden ist, die Spieler einen extrem engen Terminkalender haben, ständig im Flugzeug sitzen usw.
Ich glaube, dass die Laufleistung pro Spieler und Spiel heute sehr viel höher ist als noch in den 1970er bis 1990er Jahren; und ich glaube auch kaum (obwohl man es damals gar nicht gemessen hat), dass es damals viele Bundesliga-Spieler gab, die mit einer Höchstgeschwindigkeit von 34 km/h übers Spielfeld sprinten konnten. Damals gab es einen einzigen Spielball, und wenn ein Spieler mal eine kleine Kunstpause einlegen wollte, hat er den Ball einfach hoch auf die Tribüne geknallt, und es dauerte eine Minute, bis mit diesem Ball weitergespielt werden konnte.
Frage also an Euch:
Glaubt Ihr, dass der Profi-Fußball, sagen wir, zwischen 1970 bis 1990 körperlich härter und „schmutziger“ (mehr üble versteckte Fouls, die der Schiedsrichter übersah) war als der heutige - oder umgekehrt?
Und teilt Ihr meinen Eindruck, dass es heute viel mehr Langzeitverletzte gibt als früher?
Jedenfalls kann ich mich kaum erinnern, dass es damals Zeiten gab, wo ein Drittel unseres Kernteams (also der erweiterten „ersten 11“) langzeitverletzt ausfiel. Gerade bei den muskulären Verletzungen scheint es mir doch eine deutliche Zunahme gegeben zu haben.
Es würde mich interessieren, wie Ihr das wahrnehmt und seht - jedenfalls die nicht mehr ganz so jungen unter Euch, die sich noch an „früher“ erinnern können.