[16] João Palhinha - LZ 2028

Was mich bei dem Palhinha-Transfer extrem stört, ist der Prozess der Entscheidungsfindung. Palhinha kam im Sommer für 51 Millionen Sockelablöse zzgl. möglicher Boni und wurde quasi mit Vertragsbeginn 29. Am Ende seines Vertrages ist er (fast) 33. Sicher also ein Transfer bei dem man nicht davon ausgegangen ist, jemals wieder ansatzweise die gezahlte Ablöse durch einen Verkauf wiederhereinzubekommen.
Grundsätzlich kann sich der FC Bayern einen solchen Transfer leisten und unter bestimmten Umständen ist es auch sinnvoll sich durch einen erfahrenen Topspieler (teuer) zu verstärken, siehe Harry Kane Transfer. Wenn man aber für einen Spieler, der auf die 30 Jahre zugeht, eine hohe Ablöse zahlt, muss man sich dann auch wirklich sicher sein, dass er schnell funktioniert - eine Soforthilfe ist. Das zeigt das Beispiel Palhinha für mich perfekt. Ich bin grundsätzlich kein Freund davon einen Spieler nach nur einer Saison als Fehleinkauf oder ähnliches endgültig abzustempeln. Zu groß sind aus meiner Sicht Faktoren, wie z.B. Eingewöhnungsprobleme, Sprache, neue Liga, veränderte Anforderungen an die spielerische Rolle oder auch Verletzungen, die dazu führen können, dass ein Spieler in seiner ersten Saison bei einem neuen Verein nicht die erwünschten Leistungen bringen kann. Auch Palhinha würde ich da ein Stück weit in Schutz nehmen wollen. Wer weiß denn schon, wie wir heute über ihn und Goretzka reden würde, wenn sich Palhinha Mitte November keinen Muskelbündelriss zuzieht. Zu dem Zeitpunkt ist Palhinha nach der Verletzung von Pavlo in die Startaufstellung gerückt. In den 5 Spielen, die in dieser Phase von Anfang an gemacht hat, hat man zwar auch seine Limitationen gesehen, die auch im heutigen Blogbeitrag angesprochen wurden, aber eben genauso gesehen, wie viel defensive Stabilität er der Mannschaft durch sein Zweikampfverhalten und sein defensives Stellungsspiel, besonders in Umschaltsituationen, geben kann. Mainz im Pokal, Benfica in der CL sowie Stuttgart, Bochum & Union in der Liga waren jetzt auch keine Top Gegner, für mich ist es aber auch kein Zufall, dass die Zu-Null Serie der Bayern mit Palhinha-Startelf Einsätzen auf der 6 zusammenfällt. Verletzt sich Palhinha nicht, glaube ich dass er seit November die meisten Spiele gestartet hätte und damit er - und nicht Goretzka - die Schwäche- und Krankheitsphase von Pavlo für sich hätte nutzen können.
Nach der Verletzung ist Palhinha halt noch gar nicht wieder in Tritt gekommen. Jetzt hat man im Sommer das Problem, dass man es sich aufgrund seines Alters eigentlich nicht leisten kann, ihm eine zweite Saison zu geben, um sich durchzusetzen, so wie ich es grundsätzlich (fast) jedem Neuzugang zugestehen wollen würde. Setzt sich Palhinha auch in seiner zweiten Saison nicht durch, hat man im Sommer 2026 einen dann 31 Jährigen, der in den letzten 2 Jahren kaum gespielt hat und noch zwei Jahre Laufzeit auf einem gut dotierten Vertrag hat. Da könnte man dann noch froh sein, ihn überhaupt noch für 15-20 Millionen verkauft zu bekommen. Also muss man ihn eigentlich diesen Sommer verkaufen und dann die ca 20 Millionen Transferminus akzeptieren.
Das ist einfach unbefriedigend - wäre aber vermeidbar gewesen, zumal es vorhersehbar war. Einerseits sind da die spielerischen Defizite Palhinhas, auf die hier in verschiedenen Blogbeiträgen, Podcasts etc.schon bei der Verpflichtung hingewiesen wurden. Zudem war es auch ersichtlich, dass Palhinha nicht unbedingt die Soforthilfe ist, die einen teuren Transfer in dem Altersbereich rechtfertigen kann. Zwar hat Palhinha in seiner Karriere bei Sporting und in der Nationalmannschaft auch schon in Ballbesitz-orientierten Mannschaften gespielt und funktioniert, den Großteil seiner Spiele hat er aber bei Fulham gemacht, einer PL-Mittelfeld-Mannschaft mit ca. 50% Ballbesitz und einem gänzlich anderen Spielsystem. Eine gewisse Eingewöhnungszeit muss man ihm nach einem solchen Systemwandel eigentlich zugestehen, man kann es aber nicht wirklich, weil die Faktoren Alter und schwindender Wiederverkaufswert es nicht zulassen.
Besonders deutlich wird die Problematik im Vergleich zu Amadou Onana, der zumindest nach den Berichten des Transfer-Boulevards der Alternativ-Kandidat zu Palhinha war. Letztlich ist Onana für eine vergleichbare Summe (59 Millionen) zu Aston Villa gewechselt. Ich mag da etwas biased sein, weil ich Onana seit seiner HSV Saison extrem feier. Onana ist ebenso ein extrem physisch starker, zweikamfstarker defensiver Mittelfeldspieler, der in puncto Erfahrung sowie taktischer Disziplin sicher noch Defizite im Vergleich zu Palhinha hatte, dafür hinsichtlich Athletik (Tempo!) und technischen Fähigkeiten deutlich mehr Upside hatte. Onana ist gut bei Aston Villa in die Saison gekommen, hat sein Rückrunden Beginn aber mit Verletzungen zu kämpfen. Nimmt man jetzt an, Bayern hätte im Sommer Onana statt Palhinha verpflichtet und dieser wäre jetzt in der Saison von Palhinha, dann wäre die Situation für den kommenden Sommer aus meiner Sicht dennoch eine komplett andere, einfach nur weil er 6 Jahre jünger ist. Man könnte guten Gewissens Onana eine zweite Saison geben, um sich durchzusetzen. Würd er es dann erneut nicht schaffen, wäre er 2026 25 Jahre alt, jeder sähe das Potential, auch wenn es bei einem absoluten Top Club halt nicht gereicht hätte. Man würde sehr wahrscheinlich noch 40 Millionen Ablöse + bekommen und damit weniger Minus erwirtschaften, als mit einem Palhinha nach nur einer schlechten Saison.
Das „Learning“ aus dem Palhinha Transfer sollte aus meiner Sicht daher sein, dass man Ü27 Spieler für hohe Ablösesummen tatsächlich nur verpflichtet, wenn diese qua ihrer offensichtlichen Qualität (Weltklasse) der Mannschaft direkt weiterhelfen. Ansonsten rechnet sich das Verhältnis „versenkte“ Ablöse zu Leistung nicht sowie man steht vor dem Problem, dass man dem Spieler aus wirtschaftlichen Zwängen nicht ausreichend Chancen geben kann, sich durchzusetzen. Im Kontrast hat der FC Bayern in der jüngeren Vergangenheit auch die Erfahrung gemacht, dass man mit jungen Neuzugängen auch dann ein Trasferplus erzielen konnte, wenn diese sich nicht bei Bayern durchsetzen konnten (Gravenberch, Roca, Nianzou, Omar Richards, Douglas Costa)

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