Man könnte polemisch nach dem Spiel anmerken, dass der gestrige Auftritt die ganze Sane-Problematik zeigt: Sane gelang sehr früh im Spiel ein Tor, welches ihm merklich Auftrieb und Motivation verliehen hat, um- allerdings gegen erschreckend blasse Hoffenheimer- eine überragende Leistung abzuliefern.
Auf der anderen Seite haben wir zu oft den Sane gesehen, wenn es nicht gleich läuft, wenn es auf ein Geduldsspiel hinausläuft, wenn er vom Gegner gestresst wird: Wie dann sehr offensichtlich, auch für den Gegner, Sane eine genervte bis frustrierte Körpersprache zeigt und nur noch sehr wenig bei ihm zusammenläuft.
Es freut mich für Sane, dass er ein so gutes Spiel für uns gemacht hat. Um allerdings zu zeigen, dass man mit ihm verlängern sollte, braucht es einerseits solche Auftritte gegen stärkere Gegner und andererseits eine deutlich veränderte Mentalität.
Mal interessehalber, @Alex:
Wann ungefähr hat es eigentlich angefangen mit der exponentiellen, für Otto Normalverbraucher kaum noch nachvollziehbaren Zunahme, ja Explosion der Ablösesummen, Spielergehälter, Etats der BL-Clubs usw., die den Fußball zunehmend von seiner ursprünglichen Identität als „Arbeitersport“ abkoppelten?
Historisch lagen die Anfänge m.W. wohl nicht so sehr bei dem 1966 allerersten richtigen „Fußball-Manager“ überhaupt, Robert Schwan, der aber wohl mehr als persönlicher Beckenbauer-Berater reüssierte und für diesen lukrative Werbeverträge aushandelte, die für die damalige Zeit einen Tabubruch darstellten - was übrigens zu einem veritablen Interessenskonflikt mit dem FCB führte, der ihn dann auch entließ.
Sondern die erste wirkliche Zäsur trat wohl erst ein, als Uli Hoeneß Sportinvalide wurde und deshalb schon mit 27 (!) Jahren zum ersten „richtig durchstartenden“ Vereinsmanager im deutschen Fußball wurde - und dem deswegen zu großen Teilen der rasante sportliche und v.a. auch wirtschaftliche Aufstieg des FCB zu einem europäischen Spitzenclub zu verdanken ist. Das sollte uns bei aller verständlichen Kritik an Hoeneß in den letzten Jahren immer bewusst bleiben.
Wegen dieser beiden Herren verdienten in meiner Kindheit bzw. Jugend richtige Stars wie eben Beckenbauer, Müller, Netzer (Mönchengladbach) oder Overath (Köln) natürlich auch schon deutlich mehr als andere BL-Profis und hoben sich ab von der Generation Uwe Seeler, die rückblickend geradezu lächerlich wenig verdient hatte.
Aber dieser „Mehrverdienst“ von z.B. Beckenbauer, Müller oder Netzer hielt sich noch in bescheidenden Grenzen und wurde von der Bevölkerung allgemein akzeptiert, denn meiner Erinnerung nach haben diese drei in ihren Spitzenzeiten noch nicht mal ein Jahresgehalt von einer Million DM (!) erreicht, also keine 500.000 Euro - plus natürlich ein paar Werbeverträge, wo sie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (ZDF, ARD sowie die Regionalsender der ARD) eine Fertigsuppe udgl. löffelten und anpriesen und der „Maoist“ Paul Breitner schließlich zur Werbe-Ikone von „Jägermeister“ wurde ![]()
Aber WANN etwa fand die Zäsur statt, wo die Umsätze der Vereine und in der Folge auch die Gehälter richtig explodierten und erstmals BL-Spieler für Ablösesummen von über einer Million DM (!) ins Ausland - was damals meistens Italien oder bei Beckenbauer und Müller die USA bedeutete - wechselten?
Bzw. wo deutsche Vereine erstmals ausländische Stars (damals durften ja zunächst nur 2, später dann 3 Ausländer in einer Elf stehen) für Millionensummen verpflichteten?
Und wann bzw. aus welchen Gründen rissen irgendwann „alle Dämme ein“, bis z.B. manche der heutigen FCB-Stars schließlich das 50fache Jahresgehalt eines Uniklinik-Chefarztes verdienten und Transfersummen von 10, 20, 50 und schließlich 100 Millionen Euro gezahlt wurden?
An den Eintrittsgeldern der Stadionbesucher und Beiträgen der Vereinsmitglieder wird das nur zu kleinen Teilen gelegen haben. ![]()
Daher vermute ich, dass die Einführung des Privatfernsehens und Pay-TVs sowie gewaltige Umsatzsteigerungen durch Werbepartner, Investoren, Börsengänge (mitsamt Anteilseignern), Merchandising, DFL und die höchst lukrative Champions League udgl. hierbei die größte Rolle gespielt haben.
Dem Wegfall der „Ausländerbegrenzung“ aufgrund des Bosman-Urteils 1995, der deutschen Wiedervereinigung mit Öffnung der „östlichen Märkte“ sowie der zunehmenden Internationalisierung des Fußballs durch die EU (Recht auf freie Wahl des Landes der Berufsausübung) usw. kommt sicher ebenfalls eine entscheidende Bedeutung zu.
Ich will das in diesem Thread hier nicht ausufern lassen.
Mich würde nur in „historischer“ Hinsicht interessieren, in welchen Jahren, in welchem Jahrzehnt ungefähr die Jahresumsätze, Spielergehälter und Ablösesummen exponentiell durch die Decke geschossen sind und dadurch auch der BL- und speziell der FCB-Fußball zu einem richtigen „Big big money-Business“ geworden sind.
Ich würde vermuten, dass diese Zäsur in den 1990er Jahren stattgefunden hat (zumal auch 1992/93 die Champions League mit ihren riesigen Vermarktungsmöglichkeiten gegründet wurde), bin mir aber nicht ganz sicher.
Kennst Du z.B. Daten, die belegen können, ab wann sich die Jahresumsätze des FCB vervielfacht und zu denen eines großen Wirtschaftsunternehmens gesteigert haben (wobei man natürlich die Umrechnungen von DM zu Euro sowie die massiven Veränderungen der Kaufkraft seit dem betreffenden Jahr berücksichtigen müsste)?
Mehr möchte ich zu diesem Thema in diesem Thread nicht mehr schreiben.
Das brauchst Du auch nicht. Ich denke, Du hast die wesentlichen Meilensteine der Transformation des Fußballs als gesellschaftliches Ereignis vom lokalen Vereinssport mit gut bezahlten Seniorenmannschaften im Profibereich zum globalen Showbusiness mit Milliardenumsätzen genannt.
Zu Deiner Frage: Anfang der 2000er lag der Umsatz der Bayern noch bei gut 100 Millionen Euro (laut Wikipedia). Beschäftigt haben dürfte der Verein damals vielleicht 100 bis 150 Leute. Heute liegen Umsatz und Zahl der Beschäftigten beim Achtfachen. Wann genau in den letzten 25, 30 oder 40 Jahren der qualitative Sprung vom „Verein“ zum „Big-Business-Unternehmen“ erfolgt ist, überlasse ich Dir.
Hätte Davies eine Pause gebraucht, hätte Kompany gestern Laimer eingewechselt und eben nicht Aznou. Und gerade ein Hansi Flick spielt keinen Außenverteidiger, der defensiv extreme Mängel hat auch wenn er jung ist… (siehe Sarr und Odriozola).
Die Zeit für Folklore ist jetzt noch nicht. Wir hatten 7 Tage Vorbereitung und sind sofort in mehreren englischen Wochen, wo man das richtige Level zwischen Einspielen und Belastung suchen muss. Und da ist ein junger Vertragsamateur, der noch eine Menge Defizite hat (was man sehen könnte, wenn man Youth League oder Amateurspiele mit ihm sieht), ganz, ganz unten in der Prioritätenliste. (obwohl das für manch einem ganz oben zu sein scheint)
Ich möchte Deine Beschäftigtenzahl etwas präzisieren. Anfang 2023 gab es eine Firmenveranstaltung mit dem Titel ‚KickOff 23‘. Auf dieser wurde - wenn ich mich richtig erinnere - eine Mitarbeiterzahl von 1201 genannt. Inzwischen sind natürlich noch einige dazugekommen: Neue Fanshops, die Auslandsbüros und die starke Vergrößerung des internen Sicherheitsdienstes haben vermutlich nochmals 150-200 auf die Lohnliste gespült.
Ich habe Aznou noch nicht ernsthaft im Spiel beobachten können, deswegen traue ich mir kein eigenes Urteil zu.
Aber wie ich immer sage: um als „Vertragsamateur“ in die erste Mannschaft zu kommen, musst du bei Bayern mindestens so gut sein wie derjenige, den du ersetzen könntest. Und das Trainerteam muss nach Trainingseindrücken zu genau dieser Einschätzung gekommen sein.
Denn: zum einen kommen die Trainer unter Druck, wenn sie einen Etablieren rausnehmen und der Nachwuchskicker fällt leistungsmäßig ab oder macht gar einen spielentscheidenden Fehler. Zum anderen tut man dem jungen auch keinen Gefallen, wenn man ihn zu früh reinwirft und er direkt nach seinem ersten Spiel öffentlich abqualifiziert wird …
Ich denke das ist eher der entscheidende Trugschluss warum so viele nicht nachvollziehen können warum solche Jungspieler bei den Profis selten zu Einsätzen kommen:
Denn wenn dem so wäre müsste Aznou ja jetzt bereits besser sein als Guerreiro, der bisher vor allem für Davies aushilft.
Das glaub ich aber weder daß das der Fall noch daß das jemand der Verantwortlichen glauben würde oder müsste:
Denn es geht da doch erstmal vor allem darum bei den Profis mittrainieren zu dürfen. Was für so nen Jungspund schon eine ganz beachtliche Erfahrung und auch Entwicklungspotential mit sich bringt. Und wenn er sich im Training bewährt darf er auch mal im Kader auftauchen und wenn es ganz passend läuft auch mal in ersten Kurzeinsätzen Erfahrung sammeln und sich zeigen. Darauf basierend kann man dann entscheiden obs schon für weitere Saison bei den Profis reicht oder ob als nächstes eine Leihe der beste Schritt ist…
Aber davon, dass er besser sein müsste als ein Guerreiro, also in seinem Fall derjenige den er ersetzen würde, wie du ja erwähnst - davon ist das doch meilenweit entfernt!
Das gilt ja bei Barcelona und ihren Jugendspielern auch nicht
Wenn ich kurz einhaken darf: Im 19. Jahrhundert.
Damals, als in England noch die Werkself von Fabrikbesitzern gegen die Mannschaften der Universitäten spielten, als der Sport noch gar kein Arbeitersport war, sondern ein Sport der akademischen Elite, die den Wandel hin zum Arbeitersport fürchtete, gab es die ersten Unternehmer, die Spieler gezielt in ihre Fabriken gelockt haben, weil sie gut Fußball spielen konnten. Diese Spieler haben dann mehr Geld als ihre Kollegen bekommen als Anreiz, um ans andere Ende des Landes zu ziehen.
Die neueste Stufe/Phase begann aber natürlich, wie du beschrieben hast, in den 90ern mit PayTV, Bosman und CL.
Gibt es einen Beweis für diese Behauptung? Aber bitte nicht Lamine Yamal, denn Überflieger schaffen es bei uns auch …
Lamine Yamal (17): 24 Pflichtspieleinsätze in dieser Saison
Pau Cubarsi (17): 29
Hector Fort (17): 10
Sergi Dominguez (18): 6
Gavi (20): 17
A. Balde (20): 24
Marc Casado (21): 24
Fermin Lopez (21): 19
Pablo Torre (21): 11
Ansu Fati (22): 8
Pedri (22): 29
G. Martin (22): 17
Das waren jetzt nur Spieler U23 mit den Pflichtspieleinsätzen für Barca in der laufenden Saison. Ich weiß nicht, ob die alle besser und talentierter sind als Aznou. Kann natürlich sein.
Ok, klingt überzeugend ![]()
(Ich habe übrigens einfach nur neutral gefragt, weil ich es schlicht nicht wusste. Insofern vielen Dank für die Aufklärung
)
Ja, das sieht schon beeindruckend aus. V.a. wenn man bedenkt, dass die damit momentan recht gut unterwegs sind…z.B. schon 2 Siege gegen Real Madrid und auch ein eindrucksvoller Erfolg gegen den FCB. Aber sie haben schon deutilche Schwankungen, das gehört zur Wahrheit auch dazu, was aber bei so einer jungen Truppe normal ist. Und natürlich war und ist das auch ein bisschen aus der Not heraus geboren (Thema Finanzen).
Aber vielleicht muss man beim FC Bayern auch erst dazu gezwungen werden…Wer weiß, für was es gut sein könnte in 3-5 Jahren.
Also ich glaube Barcelona hat es einfacher bei Vertragsverhandlungen, weil sie zeigen können, dass kein Spieler unersetzlich ist und genügend Jugendspieler immer wieder nachkommen. Die Ausnahme ist natürlich Yamal. Das fände ich halt auch bei Bayern toll.
Wahnsinn, was Du alles weißt, @Gut_Kick.
Das hätte ich nicht gedacht, glaube Dir aber natürlich, was Du da berichtest.
Macht aber Sinn, denn zu Zeiten des „Manchester-Kapitalismus“ schuftete gerade in England (nicht von Ungefähr hat der dort lebende Karl Marx - zusammen mit Karl Liebknecht - damals „Das Kapital“ geschrieben) die „working class“ unter menschenunwürdigen Bedingungen 12-14 Stunden am Tag inklusive Samstags in den lauten, stinkenden Fabriken, in den Bergwerken oder den Docks von Liverpool. Die hatten weder Zeit noch Kraft noch Geld, um in ihrer kargen Freizeit so etwas wie „Sport“ als „Hobby“ zu betreiben.
Das war das Privileg der (meist adligen) upper class, die am „weekend“ Polo und irgendwann halt auch Fußball spielte und zum Pferderennen nach Ascot fuhr, damit die Ladys ihre neuesten Hut-Kreationen vorführen konnten.
Oder auch die berühmten „Fuchsjagden“ auf dem Landsitz eines Lords…
In einem anderen Zusammenhang habe ich mal mit großer Überraschung herausgefunden, dass es bis weit ins 19. Jahrhundert hinein den Begriff der „Kindheit“ (als besonderen Schutzraum, wo die Kleinen sinnfrei spielen durften) im öffentlichen Bewusstsein noch gar nicht gab!
Was daran lag, dass die Lebenserwartung vielleicht nur 30 Jahre betrug und es in den breiten Bevölkerungsschichten völlig selbstverständlich war, dass Menschen schon ab dem 8.-10. Lebensjahr vollberuflich arbeiteten - gerade die Schulpflicht ist in England ja erst viel später als in Deutschland eingeführt worden. Kinder waren also nichts anderes als „kleine Erwachsene“.
Jean-Jacques Rousseau war im 18. Jahrhundert der allererste Vorläufer, der die „Kindheit“ als solche thematisierte - und letztlich wurde erst durch Sigmund Freud um 1900 die Kindheit als höchst differenzierte eigenständige Lebensphase „emanzipiert“, wobei seine Beobachtungen allerdings fast nur auf Oberschicht-Kindern beruhten.
Selbst heute ist der Begriff „Kindheit“ international großen Unterschieden unterworfen. Eine meiner Freundinnen ist Perserin und mit 14 Jahren nach Deutschland gekommen. Als ich einmal sagte „aber da warst Du ja noch ein Kind“, wurde sie wütend und schnauzte mich an, dass in ihrem iranischen Heimatort kein Mensch auf die Idee kommen würde, eine 14jährige als „Kind“ zu bezeichnen, da einige Mädchen in diesem Alter schon verheiratet seien oder bereits ein Kind bekommen haben, also Mutter waren.
Da muss man unseren „euro-zentristischen“ Blick doch etwas überdenken.
Auch, wenn man an die ganzen „Kinder-Soldaten“ in manchen afrikanischen Bürgerkriegen denkt…
Und um auf Dein Thema zurückzukommen: die klassischen „Arbeitersportvereine“ z.B. des Ruhrgebiets entstanden historisch erst ab der Jahrhundertwende 1900 (siehe „Schalke 04“ oder auch „Hannover 96“ usw.) und verstärkt im Rahmen sozialdemokratischer, kommunistischer und gewerkschaftlicher Kulturangebote der Weimarer Republik mit dem Ziel des „stolzen und gebildeten deutschen Facharbeiters“.
Und bis es im Fußball einmal A-, B-, C-, D- usw. -Jugendmannschaften und später sogar „Nachwuchsakademien“ und einen „Campus“ gab, verging noch einige weitere Zeit.
Ich finde diese Themen hochinteressant, weil wir uns gerade heutzutage der historischen Wurzeln unseres geliebten Fußballs bewusst bleiben sollten.
Falls Du - oder andere hier - weiter über diese Dinge diskutieren möchten, sollten wir das Ganze wohl besser in den „Geschichts-Thread“ verschieben.
Ich weiß aber nicht, wie man das technisch macht.