Bin ich eigentlich der einzige, dem sich die Nackenhaare aufstellen, seitdem dieses Unwort per se inflationär allerorten verwendet wird, um was genau eigentlich auszudrücken? (Vorab @BayernExpat : This one‘s NOT to your adress! Reiner Zufall, dass ich‘s grad aus deinem Post gefischt habe.)
Da stelle mer uns ma janz dumm un fragen uns: Watt issenen Momentum?
Et kütt ussem Lateinisch‘n und bedeutet „Dauer einer Bewegung“.
Im Englischen isset die physikalische Größe für Impuls.
Außerdem (laut Wiki) noch ein Verfahren zur Analyse von Börsenkursen, oder ein politisch-wissenschaftlicher Kongress im oberösterreichischen Hallstatt, oder eine Organisation von Mitgliedern und Sympathisanten der britischen Labour Party.
Die Bedeutungen von „Momentum“, laut „Websters New World College Dictionary“. sind: „1) Der Schwung eines sich bewegenden oder bewegten Objekts; 2) Eine Kraft oder Stärke, die an Ausmaß zunimmt (,eine Kampagne, die Momentum gewann’); 3) (Mechanik, Physik) das Produkt von Masse eines Partikels, Körpers etc. und seiner Geschwindigkeit.“
Um die Jahrtausendwende taucht es mysteriöserweise (als Import aus dem Angloamerikanischen?) im deutschsprachigen Politjournalismus auf.
Ein österreichischer Journalist schreibt hierzu damals erstaunt:
„Mysteriös ist allerdings in der Tat, warum ein bisher kaum bekanntes Wort mit einem Schlag in aller Munde ist – oder wenigsten im Munde derer, die man im öffentlichen Diskurs besonders oft vernimmt. Am ehesten wird man sich das wohl durch ein Ansteckungsphänomen erklären können, bei dem, wie bei der Vogelgrippe, rätselhaft bleibt, wo es ausbricht, wie es sich ausbreitet und wer ihm erliegt.“
Zwanzig Jahre später hat Momentum es ins Oxford Dictionary und in den Duden geschafft - als „[richtiger, geeigneter] Augenblick, Zeitpunkt“. Eine linguistische Zeitenwende - datt Momentum nutzt sprachhistorisch sein eigen‘ Momentum!
Wann wurde eigentlich der Sportjournalismus infiziert? Seit wann juchzt jeder Kommentator, die Mannschaft habe „das Momentum verloren“, wenn dem Spiel die Luft und/oder den Spielern die Puste ausgeht?
Und wie datt so is‘ mit der launischen Fortuna (auch ne lateinische Frau): watt dem eine sin Momentum von eben, is dem andere sin Momentum von jetz gleich. Datt entscheidet so n Momentum ja nach Tagesform (eher Minutum-Formum).
Mit dem Momentum-Argumentum klingt jeder Kommentar sofort wissenschaftlich, fachkundig un‘ richtich tschlau: is ja Latein. Also schon seit 2000 Jahren richtich.
Ich tendiere zumeist eher zu Schaumschlägerei - mittem Momentum wird eine hohle Blase gefüllt, in der zuvor nix war:
Warum verwandelt Kane jeden Elfer? Er hat das Momentum auf seiner Seite.
Warum verwandelt Kane gegen Mailand die 100%ige nicht? Na - ihm fehlte halt datt Momentum. Is doch logisch.
Wenn Later-Kusen die Bayern noch casht - datt lag am Momentum (Momentum wirtzum, Momentum Interum oder mal wieder Momentum alonsum).
Wenn Bayer Bayern nich mehr kricht - dann warn‘s dieselben Momenti, nur halt andersrumski. Momentum wirtzum - Wirtz‘ Verletzung kippte Bayers Saison. Momentum Interum - nach der CL-Heim-Niederlage konzentrierte sich Bayern janz uff Bundesliga. Momentum alonsum - nach der CL-AF-Klatsche verlor das spanische Faszinosum sein Momentum und stürzte vom Podium magnificum des Maximum invictum!
Et sic deinceps ad infinitum!
Klingt großartig und klug. Großes Latinum? Ja schon. Is aba längst alles vergessen: statt dessen Google translaticum.
Will schlussendlich sagen: wenn man nich weiß, warum die Sonne sich um die Erdenscheibe dreht, hieß datt früher Gott. Neudeutsch im Polit- und Sportjournalismus heiß‘ datt nu Momentum.
Is au‘ nur ein schlau klingendes Wort für „Mir fällt absolut nix schlau(klingend)es mehr ein“…