Im historischen Chancenwucher gegen Gladbach war Sane neben Kimmich Dreh- und Angelpunkt der Offensive und konnte seine gute Leistung mit dem entscheidendem Tor krönen. Dabei war es interessant zu sehen, wie ein Spiel aussieht wenn Sane zentrales Element des FCB-Spielaufbaus ist. Und ich bin dabei weiterhin etwas skeptisch.
Vielen guten offensiven Aktionen (die meisten Dribblings, die meisten Schüsse, Ausgleichstreffer) standen erneut die meisten Ballverluste entgegen. Ein gutes Beispiel war die Anfangsphase, als die Mannschaft einen regelrechten Sturmlauf startete und Gladbach nicht über die Mittellinie heraus kam. Als Sane nach 5 Minuten leichtfertig den Ball verlor und einen Konter ermöglichte, kam Gladbach beinahe zu seiner ersten guten Chance. Der Gegner konnte erstmal durchatmen und das Spiel flachte ab.
Auch im Zusammenspiel mit dem Angriffsdreieck 6er-Flügel fällt auf, dass Sane Ball-Stafetten gerne verzögert, lange auf den entscheidenden Pass wartet und damit regelmäßig Tempo aus dem Spiel nimmt. Ergibt sich keine Möglichkeit, rennt er mit dem Kopf durch die Wand, macht sogar den Robben Move - der oftmals erfolglos ist und direkte Aktionen des Gegners einleitet. Das unterscheidet ihn aktuell fundamental von den anderen Offensivspielern, wie Coman, Musiala, Müller und Gnabry, die id.R. blitzschnell entscheiden, welche Aktion sie als nächstes einleiten und damit dem Gegner keine Pause geben. Sane erinnert mich mit seinem Selbstverständnis ein bisschen an einen klassischen 10er aus den 2000ern, der sich berufen fühlt das Spiel auf seine Schultern zu nehmen. Live with Sane or die with Sane könnte man es formulieren.
Dass ihn im Netz viele für seine Aktion mit dem Schiri feierten, mag nett sein. Mir wäre es lieber, wenn er beim Aufwärmen mit der Startelf eben nicht sichtbar gelangweilt hinter rennt. „Too cool for school“ während die anderen 9 Feldspieler schwitzen, ist für einen Fußball-Millionär in der heutigen Zeit eigentlich ein Unding, insbesondere wenn das halbe Stadion zuschaut. Ich bin mir auch nicht sicher, was Spieler wie Kimmich und Müller davon halten, die regelmäßig mit 150% vorangehen, auf und neben dem Platz.
Sane hat diese Woche einen Schritt nach vorne getan. Dennoch glaube ich, dass die Integration und v.a. sein Selbstverständnis Nagelsmann’s größte Herausforderung sein wird. Gut ist, dass der Kader inzwischen Alternativen hat und mit Musiala sogar ein Spieler in den Reihen ist, der aktuell wohl vor ihm steht. Stand jetzt kann der Verein damit leben. Das Projekt bleibt spannend.